Kommentar Daimler ist ein grüner Trittbrettfahrer

Der Daimler-CEO, damals noch Entwicklungsvorstand, bei der Vorstellung des Elektro-SUVs EQC im Herbst 2018.
33 Milliarden Euro Nachfrage, eine grüne Prämie und ein florierender Handel: Die Ausgabe der ersten grünen Bundesanleihe hat einen wahren Hype am Anleihemarkt ausgelöst. Und ein deutscher Autobauer hat es verstanden, diesen geschickt für sich zu nutzen. Nur rund 24 Stunden nach der Emission der ersten grünen Bundesanleihe kam Daimler ebenfalls mit dem ersten „Green Bond“ der Unternehmensgeschichte auf den Markt.
Als eine Art grüner Trittbrettfahrer dürfte Daimler dabei einen Teil jener 180 Investoren im Blick gehabt haben, deren Nachfrage die Finanzagentur als Emittent der Bundesanleihe nicht vollständig bedienen konnten. Schließlich hat der grüne Daimler-Bond die gleiche Laufzeit wie die kurz zuvor begebene und vielfach überzeichnete Bundesanleihe. Darüber hinaus bietet der Stuttgarter Autobauer einen Renditeaufschlag von 1,3 Prozentpunkten auf die neue grüne Referenz.
Bei all der grünen Begeisterung störte es die Investoren offenbar nicht, dass Daimler Gefahr läuft, die Klimaziele der EU zu verfehlen. Das könnte Strafzahlungen in Milliardenhöhe nach sich ziehen. Auch die Milliarden-Strafe im Dieselskandal in den USA scheint vergessen. Die Daimler-Anleihe war ebenfalls mehrfach überzeichnet.
Schließlich versprechen die Stuttgarter den Investoren laut ihrem Rahmenplan für grüne Emissionen, mindestens die Hälfte der Einnahmen aus ihren Green Bonds in die Entwicklung von Null-Emissions-Autos und -Lastwagen zu investieren. Zum kleinen Schönheitsfehler schrumpft die Tatsache, dass Daimlers Elektro-SUV EQC bislang ein Ladenhüter ist.
Jetzt die besten Jobs finden und
per E-Mail benachrichtigt werden.
Auch soll das Geld in schadstoffarme Produktionsstätten fließen. Als „Leuchtturm“-Beispiel nennt Daimler die „Factory 56“ am Stammwerk in Sindelfingen, die bis 2022 CO2-neutral Autos produzieren soll. Dass dort ausgerechnet einer von Daimlers größten Spritschluckern, die S-Klasse, vom Band läuft, die selbst Daimler-Insider gegenüber dem „Handelsblatt“ als „Dinosaurier“ bezeichnet haben: geschenkt.
Was zählt, ist, dass das Analysehaus „Cicero“ den Daimler-Bond nicht als „hellgrün“, auch nicht als „mittelgrün“, sondern als „dunkelgrün“ einstuft. Wenn schon die Nachfrage nach den grünen Produkten von Daimler schwächelt – so stimmt immerhin die Nachfrage nach den grünen Wertpapieren des Autobauers. Der grünen Bundesanleihe sei Dank.
Mehr: Trotz negativer Renditen: Investoren reißen sich um erste grüne Bundesanleihe.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.