Kommentar Daimler und BMW sollten sich beim Rennen ums autonome Fahren auf deutsche Tugenden besinnen

Die deutschen Autobauer können es sich nicht leisten, über Jahre hinweg Milliarden zu verbrennen.
Aufgeschreckt von den Millionen von Testkilometern, die Konzerne wie die Google-Schwester Waymo mit ihren autonom fahrenden Vehikeln bereits zurückgelegt haben, stürzten sich vor einigen Jahren auch die deutschen Autobauer in die Entwicklung von Robotaxis. Wem es zuerst gelingt, mithilfe cleverer Software den Fahrer zu ersetzen, wird schließlich die Mobilitätswelt revolutionieren und gigantische Gewinne einstreichen.
Um den Rückstand auf die Tech-Konzerne aufzuholen, verbündeten sich die führenden Anbieter der alten Autowelt teils sogar miteinander. So gingen etwa Daimler und Bosch vor drei Jahren eine Entwicklungspartnerschaft mit dem Ziel ein, bis Anfang der kommenden Dekade die Software und Algorithmen für ein völlig autonomes Fahrsystem zu entwickeln. Doch jüngst beerdigten die Konzerne das gemeinsame Projekt.
Statt direkt ein voll funktionsfähiges Robotaxi zu entwickeln, fokussiert sich Daimler nun darauf, seine bestehenden Fahrassistenzsysteme stetig weiter zu verbessern. Der Konzern ist davon überzeugt, den fünf Level umfassenden technologischen Pfad zum autonomen Fahren so schneller umsetzen zu können. Tatsächlich ist das bewährte Prinzip der evolutionären Entwicklung der richtige Ansatz für einen etablierten Fahrzeughersteller wie Daimler.
Die Platzhirsche der Industrie müssen die technologische Revolution aus ihrem Tagesgeschäft finanzieren. Sie können es sich anders als die Angreifer aus dem Silicon Valley oder China nicht leisten, über Jahre hinweg Milliarden zu verbrennen. Jede Investition muss eher früher als später auch entsprechende Erträge abwerfen.
Insofern sind Daimler und der Rest der deutschen Autoindustrie gut beraten, Systeme zu entwickeln, die sich schnell kommerzialisieren lassen. Nur so generieren sie ausreichend finanzielle Mittel, um die nächsten Stufen bis zum finalen Robotaxi entwickeln zu können.
Unabhängig davon besteht natürlich weiterhin die Gefahr, dass Konzernen wie Waymo irgendwann der Durchbruch beim vollautonomen Fahren gelingt. Es wäre dennoch ein Fehler, wenn die deutschen Autobauer versuchen würden, genauso vorzugehen wie die Softwareriesen.
Dabei könnten sie aufgrund ihrer klassischen Finanzierungsstrukturen eigentlich nur verlieren. Über den Ansatz der technischen Fortentwicklung in kleinen, aber stetigen Schritten wahren sie zumindest alle Chancen, im Rennen um die Mobilität der Zukunft womöglich doch noch zu obsiegen.
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