Kommentar Das Abitur darf für die Generation Corona nicht ausfallen

Aus epidemiologischer Sicht ist es gar nicht nötig, die Prüfungen abzusagen.
An Ostern hat eine Forderung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Abiturienten und ihre Eltern aufgeschreckt: Sollte die dritte Corona-Welle nicht abflachen, müsse das Abitur notfalls ausfallen. Die Noten sollen dann auf der Basis des bisherigen Unterrichts vergeben werden, verlangte die GEW.
Das ist jedoch den Schülern, die sich seit Monaten auf ihre Abschlussprüfungen vorbereiten, auf keinen Fall zuzumuten. Natürlich sind die Abiturnoten meist schon nach wenigen Jahren irrelevant – wer den Sprung in eine Lehre oder ein Studium geschafft hat, legt das Abiturzeugnis später nur noch der Bewerbung bei, um zu dokumentieren, dass man es überhaupt hat.
Eine flächendeckende Absage der Prüfungen wäre jedoch ein historisch einmaliges Ereignis, an das man sich noch in Jahrzehnten erinnern würde. Abi 2021? Das habt ihr doch geschenkt bekommen, würde es noch lange heißen.
Auch aus epidemiologischer Sicht ist es gar nicht nötig, die Prüfungen abzusagen. Anders als im Frühjahr 2020 gibt es nun Impfungen für die Lehrer und vielleicht ja im Juni auch schon für die Schüler. Das würde durchaus noch helfen, denn viele Länder haben auf der Basis eines Beschlusses der Kultusministerkonferenz (KMK) das Abitur in den Mai und Juni verschoben, einzelne sogar bis in den Juli hinein.
Auch die Einschreibefristen an den Hochschulen wurden entsprechend verlängert. Außerdem stehen nahezu flächendeckend Tests zur Verfügung. Und sollten diese doch nicht reichen, müssten für die begrenzte Zeit der Prüfungen eben andere Klassen zu Hause bleiben. Was spricht also dagegen, die Prüfungen in Hallen mit ausreichend Abstand zu realisieren? Oder die mündlichen Prüfungen schlicht online?
Kulturminister haben bereits abgewinkt
Insofern ist es sehr erfreulich, dass die GEW mit ihrer Forderung bisher allein dasteht. Die anderen Lehrerverbände wollen das Abitur. Und vor allem: Die entscheidenden Kultusminister haben die Forderung schon zurückgewiesen: Das zweite Corona-Abitur soll auf jeden Fall stattfinden, sagt sowohl die amtierende KMK-Präsidentin Stefanie Hubig (SPD) als auch der Sprecher der CDU-Schulminister.
Das ist gut so – und folgt der Linie von 2020: Damals beschloss Schleswig-Holstein zunächst im Alleingang, das Abitur ausfallen zu lassen. Nach heftigen Debatten bewegten die anderen Länder die dortige Kultusministerin jedoch zur Umkehr – das Abitur fand dann doch in der ganzen Republik statt.
Einen solch peinlichen Vorgang werden sich die Schulminister dieses Jahr sicher nicht erneut leisten. Die Reihen sind geschlossen. Dafür gebührt der ansonsten oft gescholtenen Kultusministerkonferenz ein Lob – verbunden mit der Aufforderung, selbst bei weiter steigenden Inzidenzwerten nicht doch noch einzuknicken.
Mehr: Das letzte Mittel im Kampf gegen Corona: Was Ausgangssperren nützen
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Wenn der diesjährige Jahrgang keine Abschlussprüfung schreiben muss, dann können wir gleich die Gleichberechtigung aus dem Grundgesetz streichen.
Anderenfalls würde ich klagen, dass ich meine Abschlussarbeit im Master auch nicht schreiben möchte. Schließlich sind die Bibliotheken ja auch geschlossen oder stellen für einen Risikopatienten ein eine No-Go-Area dar.