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KommentarDas China-Risiko wird für Unternehmen immer unkalkulierbarer

Chinas Führung reagiert immer heftiger auf Kritik. Für ausländische Firmen steigt die Gefahr, zum Opfer von politischen Konflikten zu werden.Dana Heide 12.04.2021 - 18:03 Uhr Artikel anhören

Das zur Schau gestellte Selbstbewusstsein der chinesischen Staatsführung ist groß wie nie.

Foto: dpa

Das Frühjahr 2021 kann als Wendepunkt in den Beziehungen der Europäischen Union und China gesehen werden. Erstmals seit dem Tiananmen-Massaker hat die Staatengemeinschaft wieder Sanktionen wegen Menschenrechtsvergehen gegen die chinesische Führung verhängt. Doch das allein stellt nicht die Zäsur in den Beziehungen dar.

Während die Europäische Union gerade mal Strafen gegen gut eine Handvoll Funktionäre und Organisationen wegen Menschenrechtsvergehen in der westchinesischen Region Xinjiang verhängte, holte Peking sofort zum deutlichen Gegenschlag aus und bestrafte mehr als doppelt so viele. Dagegen wirken die europäischen Sanktionen minimalinvasiv.

Als ob das noch nicht genug der Konfrontation wäre, orchestrierte die Kommunistische Partei Chinas (KP) gleich im Anschluss noch einen ausgewachsenen Shitstorm gegen westliche Unternehmen, die erklärtermaßen auf Baumwolle aus Xinjiang verzichten. Die klare Ansage dahinter: „Bist du nicht für uns, bist du gegen uns.“

Peking wollte mit dem heftigen Vorgehen an mehreren Fronten sichergehen, dass seine Nachricht in Europa ankommt: Dem Schutz der eigenen „inneren Angelegenheiten“, wie Peking die Menschenrechtsvergehen in Xinjiang, aber auch das Vorgehen in seiner Sonderverwaltungszone Hongkong nennt, ordnet die Staatsführung alles unter – auch die wirtschaftlichen Beziehungen zur EU.

Unternehmen geraten zwischen die politischen Fronten

Der neue harte Ton Pekings gegenüber Europa bedeutet auch für Unternehmen, die in China Geschäfte machen, einen Einschnitt. Und der macht das politische Risiko für die Firmen unkalkulierbar.

Vieles deutet darauf hin, dass die Spannungen in den Beziehungen zwischen Europa und China unter diesen Voraussetzungen eher zu- als abnehmen werden. Die internationale Gemeinschaft und allen voran die USA werden bei Menschenrechtsvergehen in China genauer hinschauen als in der Vergangenheit.

Gleichzeitig ist die Staatsführung unter Staats- und Parteichef Xi Jinping entschlossener denn je der Ansicht, dass alles, was in China passiert, nur die KP etwas angeht – auch wenn es dabei um Völkerrechtsbrüche oder Menschenrechtsvergehen geht.

Das zur Schau gestellte Selbstbewusstsein der chinesischen Staatsführung ist groß wie nie. Zugleich gibt es de facto keine kritischen Stimmen mehr innerhalb der Partei, die ihr Grenzen setzen könnten.

Auch das mögliche Scheitern des mühsam über Jahre hinweg verhandelten Investitionsabkommens mit der Europäischen Union im EU-Parlament wird dabei zum potenziellen Kollateralschaden, der in Kauf genommen wird.

Foto: Handelsblatt

Die chinesische Staatsführung schottet das Land zudem immer weiter ab. Ihre zunehmend aggressive und radikale Haltung gegenüber abweichenden Meinungen jeglicher Art korrespondiert mit einer sich immer weiter verschließenden Führungselite.

Ausländische Politiker, Diplomaten, Journalisten und Wirtschaftsvertreter haben immer weniger Zugang zu Entscheidungsstellen. Chinesische Wissenschaftler, Regierungsvertreter oder Beamte dürfen zu weiten Teilen nicht mehr mit Ausländern offen reden.

Die chinesische Staatsführung wird dadurch immer unberechenbarer. Sie verliert aber auch selbst immer mehr das Gespür dafür, wie ihre Aktionen ankommen und warum sie welche Reaktionen hervorrufen.

Peking igelt sich ein

Diplomaten und Wirtschaftsvertreter rätseln: Glaubt die chinesische Regierung, dass die EU Affront nach Affront schlucken wird? Ist ihr nicht bewusst, dass das EU-Parlament das chinesische Investitionsabkommen scheitern lassen kann? Oder ist ihr am Ende vielleicht sogar alles egal?

Das nächste unkalkulierbare Risiko für internationale Firmen, die sich in China engagieren, ist schon in Sicht: die Olympischen Winterspiele 2022 in der Volksrepublik. Was, wenn einem der Sponsoren etwas rausrutscht, was Peking missfällt? Im schlimmsten Fall hat das Unternehmen dann zwar Millionen für die Sponsorenverträge gezahlt, am Ende werden aber seine Logos auf den Trikots der Sportler im chinesischen Fernsehen gepixelt. Oder was, wenn die USA sich tatsächlich entscheiden, die Spiele zu boykottieren?

Was folgt aus all diesen Entwicklungen? Die Zeiten haben sich geändert. So verlockend die Wachstumsraten in dem Land sind – China ist heute nicht mehr der Markt, in dem man mit vergleichsweise gut kalkulierbarem Risiko lukrative Geschäfte machen kann.

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Unternehmen und Investoren müssen sich auf diese neue Realität einstellen. Sie müssen sich fragen, ob es noch verantwortbar ist, ein Drittel des Umsatzes oder mehr in einem Markt zu machen, der immer unkalkulierbarer wird.

Sie müssen sich auch fragen, ob sie sich von einer Regierung abhängig machen können, die in Zukunft immer häufiger auch von ausländischen Unternehmen Loyalität verlangen wird. Es reicht nicht mehr, auf Sicht zu fahren und mitzunehmen, was noch geht.

Mehr: Wir brauchen eine europäische Strategie für den Indo-Pazifik.

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