Kommentar Das Dilemma der Banken wird zum Dilemma der Sparer

Sparer werden sich wohl oder übel darauf einstellen müssen, dass sich die gefürchteten Strafzinsen immer weiter ausbreiten werden.
Die Empörung ist so groß wie erwartbar. Kaum sickerte durch, dass die Stadtsparkasse Düsseldorf einigen Kunden mit hohen Guthaben auf Giro- und Tagesgeldkonten gekündigt hat, sieht sich die Bank in den sozialen Medien auch schon mit einem veritablen Shitstorm konfrontiert. Hintergrund für die von der Anzahl her sehr überschaubaren Kündigungen sind die Strafzinsen von 0,5 Prozent, die die Banken für das Parken von Geld bei der Europäischen Zentralbank zahlen müssen.
Für die Sparer gibt es in dieser Situation eine gute und eine schlechte Nachricht: Die gute lautet, die Angst, dass die deutschen Banken jetzt massenhaft ihre Kunden vor die Tür setzen, ist übertrieben. Die schlechte Nachricht ist, dass sich die Sparer wohl oder übel darauf einstellen müssen, dass sich die gefürchteten Strafzinsen immer weiter ausbreiten werden. Die Freibeträge, die die Banken ihren Kunden einräumen, werden immer weiter sinken, die Diskussionen um größere Beträge, die auf Giro- und Tagesgeldkonten schlummern, werden konfrontativer ausfallen.
Die Schuld dafür liegt weder bei den Banken noch bei der Europäischen Zentralbank, sondern vor allem bei der Corona-Pandemie. Selbst die schärfsten Kritiker der EZB räumen ein, dass es richtig war, die Märkte nach Ausbruch der Covidkrise mit noch mehr Liquidität zu fluten, um eine Vertrauenskrise zu vermeiden. Für die Banken wurden die Minuszinsen dadurch auf unabsehbare Zeit festgeschrieben. Deshalb werden sie noch sehr viel härter als bislang daran arbeiten, diese Last an ihre Kunden weiterzugeben.
Strafzinsen: Die Zahl der Fälle dürfte steigen
Noch fordern nur sehr wenige Banken von neuen Kunden ab dem ersten Euro Strafzinsen, aber die Zahl dürfte steigen. Es mag brutal und herzlos klingen, aber neue Kunden, die neue Einlagen ins Haus bringen, sind längst kein Segen mehr für die Banken, sondern immer öfter eine Last. Selbst bei der Commerzbank, die lange Jahre auf das Wachstum der Kundenzahlen setzte, hat sich der Gedanke durchgesetzt, dass nur ein profitabler Kunde ein guter Kunde ist. Deshalb nimmt der neue Chef, Manfred Knof, billigend in Kauf, dass bis zu 1,7 Millionen Kunden der Bank den Rücken kehren werden.
Wenn die Banken ihre Kunden nicht direkt über Minuszinsen – oder wie es euphemistisch heißt – „Verwahrentgelte“ zur Kasse bitten, dann werden die Sparer über höhere Gebühren ihren Beitrag zur Kompensation der Lasten der Geldpolitik leisten müssen. Für die Kunden bedeutet das ein echtes Dilemma: Plätze, wo sich größere oder auch nur mittelgroße Summen risiko- und verlustfrei lagern lassen, werden immer schwieriger zu finden sein – und das in einer Zeit, in der auch an den Kapitalmärkten die Angst vor empfindlichen Rückschlägen immer größer wird.
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