Kommentar Das Einlenken Frankreichs bei der Digitalsteuer ist sinnvoll – zumindest vorerst

Macron zieht sich aus dem Konflikt um die Digitalsteuer zurück.
Kurz vor dem großen Knall lenkt Frankreich ein. Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire bietet den USA an, die eigene Steuer auf Unternehmen mit großem Digitalgeschäft bis zum Jahresende auszusetzen. In der Zwischenzeit will man weiter verhandeln über eine einvernehmliche internationale Lösung auf Basis der Vorschläge, die innerhalb der OECD, des Think Tanks der reichsten Industrieländer, erarbeitet werden. Die USA hatten sich zuletzt skeptisch über eine internationale Lösung gezeigt – und damit Frankreich verärgert.
Das Angebot aus Paris wirkt zunächst wie eine Kehrtwende. Noch vor zehn Tagen sagte Le Maire, falls er sich in Davos nicht mit den USA einigen könne, werde es eine europäische Digitalsteuer oder einen ganzen Strauß nationaler Abgaben von Frankreich über Österreich bis Indien geben: Beides sei für die USA schlechter als eine Einigung auf das OECD-Modell.
Doch die Drohung blieb wirkungslos. Eine EU-Digitalsteuer ist schon einmal gescheitert, ein Neuanlauf ist nicht sehr aussichtsreich. Gerade erlebt man bei der Finanztransaktionssteuer, wie schwer es der EU fällt, sich über Abgaben und Steuern zu verständigen.
Gleichzeitig verhält sich die US-Regierung bei diesem Thema nicht destruktiv. US-Präsident Donald Trump hat die Blockade aufgehoben, die sein Vorgänger Barack Obama bei der Arbeit an einer internationalen Besteuerung digitaler Geschäfte errichtet hatte. Doch Trump will nicht wenige Monate vor der Präsidentschaftswahl eine neue Abgabe in den Kongress einbringen, die besonders die großen amerikanischen Internetkonzerne belasten würde.
Jetzt die besten Jobs finden und
per E-Mail benachrichtigt werden.
Denn um die geht es vor allem, auch wenn Frankreich derzeit beteuert, die nationale Digitalabgabe erfasse alle Unternehmen. Zu lange hat Paris selbst von der „GAFA-Steuer“ gesprochen und beklagt, Google, Amazon, Facebook und Apple würden in Europa hohe Gewinne realisieren, ließen aber den Fiskus der EU-Staaten leer ausgehen.
Wenn die französische Regierung diese Steuer nun aussetzt, kann sie dadurch die Gefahr bannen, dass Washington mit Strafzöllen auf Champagner, Käse und Luxus-Lederwaren antwortet. Zwar hätte die EU mit Gegenzöllen reagieren können, aber Brüssel will eine solche Eskalation der Sanktionen ja gerade vermeiden.
Gleichzeitig gibt Paris nichts aus der Hand. Zeichnet sich nach der US-Wahl noch immer keine internationale Lösung ab, kann Frankreich Ende des Jahres die nationale Digitalsteuer in Kraft setzen. Paris verzichtet nur auf die Vorauszahlung der fälligen Beträge – ein paar Hundert Millionen Euro. Macrons taktischer Rückzug ist also die richtige Reaktion in einem riskanten Konflikt.
Mehr: Trumps Ego-Show zwingt Europa, bei globalen Themen Stärke zu zeigen, meint Handelsblatt-Chefredakteur Sven Afhüppe.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.