Kommentar: Das Karlsruher Klimaurteil kommt zu einem guten Zeitpunkt

Karlsruhe sieht Klimaschutzpolitik der Bundesregierung als unzureichend an.
Die Klimaschutzpolitik der Bundesregierung ist nicht ausreichend. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe verlangt von der Regierung, bis Ende 2022 nachzubessern und eine langfristig verlässliche Klimapolitik zu gestalten, um die Freiheits- und Grundrechte künftiger Generationen zu wahren.
Kläger und Anwälte konnten ihr Glück über die Entscheidung der Verfassungsrichter am Donnerstag zunächst kaum fassen und sprachen nicht ohne Grund von „Durchbruch“ und einem „bahnbrechenden Urteil“, das vor allem Jugendliche und junge Erwachsene erkämpft haben. Erstmals hatten Umweltklagen gegenüber dem höchsten deutschen Gericht Erfolg.
Die Richter störten sich vor allem daran, dass die bislang von der Bundesregierung ergriffenen Regelungen zum Klimaschutz hohe Emissionsminderungslasten unumkehrbar auf den Zeitraum nach 2030 verschieben, und erkannten an, dass dadurch die Freiheitsrechte der „zum Teil noch sehr jungen Beschwerdeführenden“ verletzt seien.
Geklagt gegen die Klimaschutzpolitik der Bundesregierung hatten Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 15 und 32 Jahren, die infolge des Klimawandels schon heute wirtschaftliche Auswirkungen auf die Betriebe ihrer Familien sehen.
Das Urteil der Karlsruher Verfassungsrichter kommt zu einem guten Zeitpunkt. Erst kürzlich hatte sich die Europäische Union auf verschärfte Klimaziele geeinigt und auch die USA mit ihrem neuen Präsidenten Joe Biden sind wieder ambitioniert beim Klimaschutz dabei. Selbst mit China gibt es den Konsens, Probleme in anderen Politikbereichen aus der Klimapolitik herauszuhalten.
Konkrete Maßnahmen müssen her
In Deutschland stehen im Herbst Bundestagswahlen an. Und klar ist: Mit halbherziger Klimapolitik kann es nicht weitergehen – das haben die Richter der Politik ins Pflichtenheft geschrieben. Die nächsten Monate müssen davon geprägt sein, die klimafreundlichsten und gleichzeitig wirtschaftlich effizientesten Ideen zu diskutieren, wie der Kampf gegen die Erderwärmung ambitionierter voranzubringen ist.




Das langfristige, aber dennoch verbindliche Ziel, Klimaneutralität bis 2050 zu gewährleisten, ist nur mit konkreten Maßnahmen, nicht mit mehr oder weniger vagen Bekundungen zu erreichen. Die Hoffnung, dass in Zukunft schon genügend Technologiesprünge die notwendigen Emissionseinsparungen bringen mögen, reicht nicht aus.
Die Politik, das hat das Karlsruher Urteil eindrucksvoll gezeigt, ist verpflichtet, in langfristigen Zyklen zu denken. Das würde im Übrigen auch der Wirtschaft helfen. Die klagt zwar mitunter über hohen Änderungsdruck. Doch noch schlimmer sind Planungsunsicherheiten.
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