Kommentar Das neue Galeria-Konzept ist die letzte Chance, das Warenhaus zu retten

Der Kern des Warenhauses soll künftig persönlicher Service vor Ort sein.
Auf den ersten Blick wirkt es befremdlich: Da hat ein Warenhausbetreiber zwei extrem bekannte Marken, Kaufhof und Karstadt, die eine jahrzehntelange Tradition haben. Und nun fokussiert er seinen Auftritt auf die Marke Galeria?
Doch genau der Mut, der zu so einem Schritt erst befähigt, hatte dem Händler bisher gefehlt. Und das zeigte sich nicht nur bei der Namensgebung. Schon lange ist klar, dass das Warenhaus alter Prägung keine Zukunft hat. Doch geändert wurden immer nur Marginalien, statt etwas ganz Neues zu wagen.
Nun sieht es erstmals so aus, als ob Galeria wirklich verstanden hat, dass es ein ganz anderes Denken braucht, damit das Warenhaus überlebt. Anders als früher geht der Händler nicht mehr selbstverständlich davon aus, dass die Kunden schon ins Geschäft kommen werden. Er stellt sich ernsthaft die Frage, was er bieten muss, damit die Verbraucher überhaupt noch in die Innenstadt kommen – statt online zu kaufen.
Das neue Konzept Galeria 2.0 hat durchaus Charme – auch wenn manches so selbstverständlich klingt, dass man sich fragt, warum es nicht schon längst so gemacht wurde. Der Kern des Warenhauses soll künftig persönlicher Service vor Ort sein, also genau das, was das Netz nicht bieten kann.
Ganz wichtig sind dabei die Partner. So kann man sich beispielsweise an einem städtischen Schalter seinen Personalausweis abholen. Oder DHL betreibt eine Paketabholstation, in der es eine Umkleidekabine gibt, wo man die bestellten Klamotten anprobieren kann und sie direkt zurückgibt, wenn sie nicht passen. Ein anderer Dienstleister vermietet E-Bikes oder lädt dem Kunden das E-Auto auf.
Es gibt viele Unwägbarkeiten
Dazu soll es eine App geben, über die alle diese Services gebucht und reserviert werden können. Jedes Warenhaus soll bei der Wahl der Partner individuell auf den Standort abgestimmt werden. Dazu gibt es dann vielleicht regionale Spezialitäten oder einen Pop-up-Ableger eines lokalen Museums.
Garantiert all das ein Überleben des Warenhauses? Sicherlich nicht. Es gibt viele Unwägbarkeiten: Nehmen die Kunden das wirklich an? Hat man die richtigen Partner? Funktioniert die Technik? Und nicht zuletzt: Reicht die Finanzierung, um dieses ehrgeizige Vorhaben durchzuziehen?
Und doch ist es ein großer Schritt in die richtige Richtung. Denn klar ist: Ohne dieses neue Konzept hat das Warenhaus mit Sicherheit keine Zukunft. Was würde einen solchen Neustart besser signalisieren als der Verzicht auf überkommene Traditionsmarken?
Mehr: Galeria plant strategischen Neustart Ende Oktober – wohl ohne die Marken Karstadt und Kaufhof
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.