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Kommentar Demografie, Globalisierung, Digitalisierung: Der Sozialstaat braucht ein Update

Für die Umbrüche des 21. Jahrhunderts ist der Sozialstaat Bismarck‘scher Prägung nicht gebaut. Die derzeitigen Entwicklungen stellen das System vor völlig neue Herausforderungen.
04.08.2021 - 10:50 Uhr 2 Kommentare
Bestehende Löcher in der Gesundheits- und Pflegeversicherung kaschiert die Koalition, indem sie anstelle von Sozialbeiträgen einfach die Steuerzuschüsse erhöht. Quelle: dpa
Pflege

Bestehende Löcher in der Gesundheits- und Pflegeversicherung kaschiert die Koalition, indem sie anstelle von Sozialbeiträgen einfach die Steuerzuschüsse erhöht.

(Foto: dpa)

Olaf Scholz ist eigentlich ein Zahlenmensch. Doch wenn es um die Rente geht, mutiert der SPD-Politiker zu Trump. Alle „Horrorprognosen“ zu den Rentenausgaben seien nie eingetroffen und daher „unseriös“, ätzte Scholz jüngst. Er diskutiere lieber mit echten Ökonomen.

Ausgerechnet der Bundesfinanzminister ignoriert damit die Regeln der Mathematik. Denn die Alterung der Gesellschaft wird ab 2025 mit voller Wucht zu Buche schlagen, das ist so sicher wie das berühmte Amen in der Kirche.

Eine höhere Beschäftigung, eine höhere Produktivität und eine hohe Zuwanderung werden die Kosten bestenfalls dämpfen, aber nicht ausgleichen können. Wer die Augen davor verschließt, macht alles nur schlimmer.

Sicher, in der Corona-Pandemie hat der Staat erneut bewiesen, auf eine akute Krise entschlossen reagieren zu können. Doch für die Umbrüche des 21. Jahrhunderts ist der Sozialstaat Bismarck‘scher Prägung nicht gebaut, weil diese Entwicklungen das Sozialsystem vor völlig neue Herausforderungen stellen.

Die Globalisierung schafft neben mehr Wohlstand auch Verlierer, gebrochene Erwerbsbiografien führen zu Niedrigrenten. Und die Digitalisierung droht ein neues „digitales Proletariat“ zu schaffen.

Milch- und Honig-Politik löst Probleme nicht

Die große Koalition hat versucht, den deshalb auch hierzulande aufkeimenden Populismus in Sozialprogrammen zu ersticken. Doch mit ihrer Milch-und-Honig-Politik begeben sich die Parteien in einen Teufelskreis, weil sie ihren Handlungsspielraum für die Zeit, wenn die Demografie zuschlägt, einengen. Und weil sie die Probleme nicht an ihrer Wurzel lösen. Was dann wieder neue Ausgaben notwendig macht.

Die Vorboten dessen, was kommt, sind längst erkennbar. Bestehende Löcher in der Gesundheits- und Pflegeversicherung kaschiert die Koalition allerdings, indem sie anstelle von Sozialbeiträgen einfach die Steuerzuschüsse erhöht.

Merkt schon keiner. So findet ein schleichender Umbau des Sozialstaats statt, über den nie offen diskutiert wurde. Das muss sich nach der Wahl dringend ändern. Der Sozialstaat braucht ein Update.

Statt also alle heiklen Fragen wieder an Kommissionen abzuschieben, muss sich die Politik dem Ernst der Lage stellen: Wie kann der Sozialstaat effizienter, wie in Zeiten der Demografie finanziert werden? Wie das Sozialsystem angesichts Globalisierung, Digitalisierung und Klimawandel neu ausrichten?

Das sind die entscheidenden Fragen. Und nicht, mit welcher Sozialreform die nächste Wählergruppe ruhiggestellt werden kann.

Mehr: Von der Bildung bis zur Rente: Die Wahlprogramme im großen Vergleich

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2 Kommentare zu "Kommentar : Demografie, Globalisierung, Digitalisierung: Der Sozialstaat braucht ein Update"

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  • Mit dem deutschen Sozialversicherungssystem - hohe Kosten über die Beiträge und keine Aussicht auf entsprechende Auszahlungen im Rentenalter, keine Flexibilität bei Beschäftigungszeiträumen im Ausland, zusätzlich bereits heute enorme Steuerzuschüsse (auch über den Arbeitslohn finanziert) - kann man keine Fachkräfte aus dem internationalen Arbeitsmarkt anwerben. Wer als qualifizierter MA die Wahl hat zwischen einem Vertrag zu deutschen und Z. B. Schweizer Konditionen, dürfte sich in der Regel nicht für Deutschland entscheiden.

  • Allgemeinplätze. Gemeint ist doch, dass die soziale Sicherung im Interesse der possidentes zurückgefahren werden soll. Dann sollte man dieses Interesse aber auch klar artikulieren, damit man in einen demokratischen Diskurs eintreten kann. Hier habe ich bisher wenig mehr gelesen als die sattsam bekannten alten ordnungspolitischen Glaubenssätze. Damit wird das Update nicht gelingen.

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