Kommentar Der IWF teilt seinen Mitgliedern 650 Milliarden Dollar zu – und geht dabei viel zu willkürlich vor

Die Vergabepolitik des Internationalen Währungsfonds muss reformiert werden.
Über Sonderziehungsrechte bucht der Internationale Währungsfonds (IWF) seinen 190 Mitgliedern diese Woche 650 Milliarden Dollar aufs Konto. Es ist die größte Sonderzuteilung in der Geschichte des Fonds. Sie soll die Weltwirtschaft in der Covid-Krise mit Liquidität stützen. Doch bei solchen Summen wird es schnell politisch für den Fonds – und die Beispiele Afghanistan und Syrien zeigen, dass er sich bei der Mittelvergabe in Widersprüche verwickelt.
Nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan war der internationale Druck auf den Fonds groß, dass die Miliz von den Hilfen ausgesperrt wird. Wie hätte es ausgesehen, wenn Tausende Menschen mit Militärflugzeugen vor dem Regime in Sicherheit gebracht werden und der IWF quasi die Starthilfe für die islamistische Terrorgruppe an der Regierungsspitze finanziert?
Es ist deshalb richtig, dass er die Gelder für Afghanistan gesperrt hat. Das Land bekommt jetzt wie alle anderen die Sonderziehungsrechte zugeteilt, doch die Taliban können sie nicht wie andere Länder in Dollar, Euro oder eine andere Währung umtauschen – also nicht wirklich nutzen.
Die Begründung des IWF: Das Taliban-Regime wird international nicht als Regierung anerkannt. So wird auch die Sperrung der Gelder für Myanmar begründet nach dem Militärcoup dort Anfang des Jahres und für Venezuela, dessen Präsident Nicolas Maduro Kritik und Zweifel an seiner Wiederwahl 2018 bisher ignoriert hat und gegen den international ermittelt wird. So weit, so nachvollziehbar.
Doch Syrien unter Baschar al-Assad darf seine Sonderziehungsrechte frei eintauschen. Dabei wird die Rechtmäßigkeit von Assads Wiederwahl im Mai auch angezweifelt, ganz abgesehen von Giftgasanschlägen gegen die eigene Bevölkerung während des Bürgerkriegs im Land.
Mittelvergabe muss verbessert werden
Auch Weißrussland unter Präsident Alexander Lukaschenko, unter fragwürdigen Umständen wiedergewählt, darf seine Sonderziehungsrechte frei umtauschen, obwohl Lukaschenko jüngst eine Linienmaschine zur Zwangslandung brachte, um einen Regimekritiker aus dem Flugzeug zu holen. Ebenso wenig sind die neue Regierung im Iran, die Kommunistische Partei in Peking oder der Kreml in Moskau bei den Hilfsmitteln eingeschränkt.
Die Linie zwischen gesperrten und nicht gesperrten Diktaturen und Autokratien erscheint willkürlich. Auf den IWF mit 190 Mitgliedern schlagen sich internationale Konflikte wie unter einem Brennglas nieder. Das ist nicht leicht. Aber gerade deshalb muss er die Konsistenz seiner roten Linien in der Mittelvergabe verbessern.
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