Kommentar Der Rechtsstaat ist beim EU-Gipfel auf der Strecke geblieben

Die westeuropäischen Regierungschefs hatten am Ende auf eine wirkungsvolle Rechtsstaatsklausel verzichtet.
Für die Wertegemeinschaft EU sollte es eigentlich selbstverständlich sein, die demokratische Gewaltenteilung zu schützen und einen korrekten Umgang mit europäischen Subventionen sicherzustellen. Ist es aber nicht. Beim EU-Gipfel blieb der Rechtsstaat auf der Strecke.
Schon vor dem Treffen zeichnete sich ab, dass die Regierungschefs auch dieses Mal wieder nichts unternehmen gegen die schwarzen Schafe in den eigenen Reihen: In Ungarn gibt es quasi keine regierungsunabhängigen Medien mehr, in Polen wird die Justiz gleichgeschaltet, und in Bulgarien grassiert die Korruption in schwindelerregendem Ausmaß. Die Ministerpräsidenten der drei Länder nehmen im Brüssel am Gipfel teil, als ob nichts wäre. Und ihre Amtskollegen aus den anderen EU-Staaten machen gute Miene zum bösen Spiel.
Wenn die Kontrolle durch Medien und Gerichte nicht mehr gewährleistet ist, kann man sich auch nicht darauf verlassen, dass mit EU-Subventionen korrekt umgegangen wird. Trotzdem haben die Regierungschefs der EU-Kommission nicht erlaubt, die Auszahlung von EU-Subventionen in solchen Fällen zu stoppen.
Die Kommission braucht dafür eine Genehmigung des EU-Ministerrats – und die ist kaum zu bekommen. Die erforderliche Mehrheit kommt nämlich nicht zustande, wenn die osteuropäischen EU-Staaten dagegen stimmen oder sich enthalten.
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Die Empörung darüber ist groß im Europaparlament – zu Recht. Am Ende werden die EU-Volksvertreter an dem Gipfelbeschluss allerdings im Kern nicht viel ändern können. Die westeuropäischen Regierungschefs hatten am Ende auf eine wirkungsvolle Rechtsstaatsklausel verzichtet, weil sie das dringend benötigte Corona-Wiederaufbauprogamm daran nicht scheitern lassen wollten.
EU muss nicht hilflos zuschauen
Dem Europaparlament wird es am Ende genauso ergehen. Italienische, spanische und französische Abgeordnete können es sich kaum erlauben, die zu Hause dringend benötigten Corona-Hilfen dauerhaft zu blockieren.
Das bedeutet aber nicht, dass die EU beim staatlich geduldeten, wenn nicht gar beförderten Missbrauch europäischer Subventionen weiterhin hilflos zuschauen muss. Die EU-Kommission hat noch nicht alle ihr zur Verfügung stehenden Waffen gegen Korruption zum Einsatz gebracht.
Sie könnte die jeweiligen Länder konsequenter als bisher mit Vertragsverletzungsverfahren überziehen und schneller als bislang üblich Vertragsstrafen verhängen. Auch die EU-Betrugsbekämpfungsbehörde Olaf könnte viel aktiver werden in den Ländern, wo sich sogar Regierungsmitglieder und Premierminister mit europäischen Subventionen illegal bereichern. Darauf sollte das Europaparlament dringen. Dann wäre schon viel erreicht.
Mehr: Projekte mit echtem europäischem Mehrwert bleiben unterfinanziert
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Wie blauäugig muß man sein, um zu glauben, daß die Gelder der Brüsseler Bande ihrem Zweck entsprechend verteilt und zugeteilt werden. Halten alle den Bürger und Steuerzahler nur noch für blöd? Vieleicht sollten die Herrschaften die solche Artikel verfassen ( und nicht nur beim Handelsblatt) sich die Mühe machen und sich einmal um die Details in Ländern wie Italien, Spanien, Ungarn etc. kümmern. Interessant sind auch die Herrschaften die, bei der EU im weitesten Sinne, für die Genehmigung solcher Gelder zuständig sind. Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich, daß da die tollsten Kasper herumreisen, sich die Projekte anschauen ( mit entsprechender Begleitung und Empfang, Unterbringung etc.) und dann meist ohne wirkliche Sachkenntnis, geschweige denn wirkliche Prüfung, ihre Unterschrift leisten.