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  4. Börse: Der Rückzug der Hedgefonds eröffnet die wilde Party an der Börse

KommentarDer Rückzug der Hedgefonds könnte der Beginn einer wilden Börsenparty sein

Der Kampf zwischen Privatanlegern und Hedgefonds hat eine neue, ungesunde Eskalationsstufe erreicht. Denn verlieren die Profis, fällt ein wichtiges Korrektiv aus.Jürgen Röder 28.01.2021 - 12:31 Uhr Artikel anhören

Der Konflikt zwischen Neu-Tradern und Vollprofis ist nicht neu – aber gefährlich.

Foto: AP

Erinnern Sie sich an AOL? Das Internetunternehmen hatte seine Blütezeit um die Jahrtausendwende. Das ist wirklich lange her. Doch das Geschehen rund um America Online (AOL) im Jahr 1999 deutet an, was den Anlegern in den kommenden Wochen oder sogar Monaten bevorstehen dürfte: eine wilde Börsenparty, ein Crack-up-Boom.

Damit gemeint ist eine Katastrophenhausse, die nur noch von den Emotionen neuer, unerfahrener Anleger getrieben wird, aber die wirtschaftlichen Aussichten nicht mehr widerspiegelt.

1999 wetteten Shortseller auf den Niedergang der AOL-Aktie. Denn die war, wie sich in solchen Fällen fast immer im Nachhinein herausstellt, maßlos überbewertet. Dennoch verloren die Hedgefonds diesen Kampf. Hedgefonds-Manager David Einhorn beschrieb die Auswirkungen dieser Niederlage mit recht anschaulichen Worten.

„Anfang 1999 erkannte der Markt, dass sich die besten und klügsten Leerverkäufer bei America Online getäuscht hatten. Wenn sie sich bei America Online irrten, konnten sie sich auch bei jeder anderen Internetaktie irren“, sagte Einhorn – und ergänzte: „Es spielte keine Rolle, dass nur eine Handvoll davon ein tragfähiges, geschweige denn robustes Geschäftsmodell hatte. Ich glaube, dass die Selbstüberschätzung aus dem Sieg über die America-Online-Shorts eine Hauptursache für die Internetblase war.“

Was Anleger dazu wissen sollten: Ab Mitte 1999 vervielfachte sich innerhalb weniger Monate die Börsenbewertung zahlreicher Unternehmen durch eine deutlich erhöhte Nachfrage. Den Schlusspunkt bildete eine Jahresendrally im Jahr 1999, als der Dax nach einem freundlichen Börsenjahr innerhalb weniger Monate um weitere 40 Prozent zulegen konnte. Danach ging es allerdings deutlich abwärts.

Parallelen zum aktuellen Börsengeschehen

Gegenwärtig toben erneut diese Kämpfe zwischen Privatanlegern und Hedgefonds. Sei es seit längerer Zeit bei der Tesla-Aktie oder aktuell beim Papier des Videospielehändlers Gamestop. Das alles hat schon eine völlig neue Eskalationsstufe erreicht.

Neue, junge Trader versuchen mittlerweile, unregulierte Fonds in den Ruin zu treiben, wie man am Beispiel der milliardenschweren Rettung von Melvin Capital erkennen kann. Dieser Hedgefonds hatte unter anderem auf fallende Gamestop-Kurse gesetzt – doch die Nachwuchsaktionäre hielten dagegen und drängten bereits die ersten Shortseller aus dem Markt.

Der Rückzug der Hedgefonds dürfte erneut eine wilde Börsenparty ermöglichen. Trotz ihres teils zweifelhaften Rufs sind Shortseller eine Art „Börsenpolizei“, ein Korrektiv am Markt. Sie suchen überbewertete Aktien und setzen auf fallende Kurse, wenn ihre Suche erfolgreich war.

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Doch wenn fortan keine überbewerteten Aktien mehr identifiziert werden, fällt dieses Korrektiv aus. Vereinfacht formuliert: Ohne „Börsenpolizei“ fehlt eine ordnende Hand. Die jungen Trader werden wie 1999 weiter ihre Lieblingsaktien kaufen, oftmals ohne im Unterschied zu den Hedgefonds auf irgendwelche Kennziffern zu achten. Mit ihren Gewinnen sind sie anschließend das Vorbild für noch mehr Neulinge an der Börse.

Freuen Sie sich also auf die kommenden Börsenmonate. Aber vergessen Sie nicht das Sprichwort: Wenn die Party am schönsten ist, sollte man sie verlassen. Diesen Zeitpunkt herauszufinden, ist die wohl schwierigste Aufgabe für Anleger.

Mehr: David gegen Goliath an der Börse – Junge Trader wollen Hedgefonds aus dem Markt drängen

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