Kommentar Der Staat muss Kapitalerhöhungen attraktiver machen

Nach der Corona-bedingten Pause wagen sich wieder mehr Firmen aufs Börsenparkett.
Seit Ausbruch der Coronakrise hielten sich Unternehmen mit Börsengängen zurück. Doch nun wagen sich erste Firmen wieder aus der Deckung. Die hohe Bewertung von Aktien trotz der Corona-Pandemie an den Märkten sieht verlockend aus – jedenfalls solange die Kurseinbrüche bei Technologie-Aktien nicht auf den breiten Markt überspringen und die Kursschwankungen sich in Grenzen halten.
Genau danach sieht es aktuell aus. Der Rüstungselektronikkonzern Hensoldt und der Wohnmobilhersteller Knaus Tabbert haben den Gang auf das Börsenparkett bereits angekündigt. Bei aller Euphorie für das wiederbelebte IPO-Segment geht aber völlig unter, dass die Musik bei Aktienemissionen eigentlich woanders spielt: bei den Kapitalerhöhungen. Eine Kapitalerhöhung jagt derzeit die nächste, und es werden noch mehr werden. Banker rechnen mit weiteren zehn Milliarden Euro und mehr bis zum Jahresende.
Dabei haben etwa der Medizintechnikhersteller Siemens Healthineers, der Immobilienkonzern Vonovia und der Energieversorger RWE mit ihren milliardenschweren Kapitalerhöhungen bereits gut vorgelegt.
Für diese Firmen gilt das Gleiche wie bei den Börsengängen. RWE, Vonovia und Co. nutzen die hohen Bewertungen bei Aktien, um sich Spielraum zu eröffnen für Wachstum oder um die Bilanz zu stärken. Bei Siemens Healthineers galt es zudem, den Megazukauf des US-Unternehmens Varian finanziell abzusichern.
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Schon vor der Kapitalerhöhung standen alle diese Unternehmen gut da. Viel wichtiger wäre es aber, dass Firmen in schwierigen Branchen wie im Autozulieferbereich ihr Kapital aufstocken, um sich für künftige, schwere Zeiten zu wappnen.
Doch hier bremst der Gesetzgeber. Während in Ländern wie England und Frankreich die Grenze für einen vereinfachten Bezugsrechtsausschluss bei einer Kapitalerhöhung von zehn auf 20 Prozent erhöht wurde und der Abschlag auf den aktuellen Kurs anstatt maximal fünf bis zu zehn Prozent betragen kann, passiert in Deutschland bislang nichts. Das sollte es aber.
Gerade geschwächte Unternehmen müssen jetzt aktiv werden, um für ein nochmaliges Aufbranden des Virus mit seinen Auswirkungen auf die Wirtschaft gewappnet zu sein. Das Interesse von Investoren an den neuen Aktien ist da, an Geld mangelt es ihnen nicht. Nur sind sie nicht bereit, zu jedem Preis zu kaufen. Das ließe sich mit einem höheren Abschlag zum laufenden Kurs auffangen.
Auch für die bereits investierten Anleger wäre das der bessere Weg, als später vor einem Konzern zu stehen, der wegen mangelnden Kapitals in die Bredouille gerät. Es ist mehr Flexibilität vom Staat gefragt.
Mehr: Hensoldt-Börsengang ist der Startschuss für weitere IPOs
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