Kommentar: Der Tarifkompromiss im öffentlichen Dienst wird beiden Seiten gerecht

Die Kosten blieben im Rahmen des Vertretbaren.
Die Verhandlungsführer für den Tarifvertrag im öffentlichen Dienst standen dieses Jahr gleich dreifach unter Druck. Da war auf der einen Seite der Applaus von den Balkonen für die „Corona-Helden“ – und die Erwartung der Beschäftigten vor allem in den Pflegeberufen, dass sich die erfahrene Wertschätzung auch auf dem Gehaltskonto niederschlägt.
Auf der anderen Seite stand der finanzielle Druck, der angesichts einbrechender Steuereinnahmen auf den vielfach ohnehin verschuldeten Kommunen lastet. Und schließlich gab es zwei neue Verhandlungsführer bei Verdi und den kommunalen Arbeitgebern, die sich erst beweisen mussten.
Gemessen daran kann sich sehen lassen, was Arbeitgeber und Gewerkschaften nach drei Runden und unzähligen Verhandlungsstunden am Sonntag präsentiert haben. Der Pflegeberuf, in dem chronischer Fachkräftemangel herrscht, wird durch erhöhte und neu eingeführte Zulagen finanziell aufgewertet.
Bezahlen werden das die übrigen Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst mit einer eher moderaten Tarifsteigerung, die im kommenden Jahr noch unter der vom Sachverständigenrat prognostizierten Inflationsrate liegen wird. Für Beschäftigte in den Sparkassen gibt es Abstriche, an den Flughäfen, die unter dem Einbruch des Luftverkehrs leiden, sogar eine Nullrunde.
Die Kosten des Abschlusses halten sich deshalb im Rahmen, sie liegen nur um rund 100 Millionen Euro über der Summe, die die kommunalen Arbeitgeber in ihrem Angebot veranschlagt hatten. Und das ist gut so. Denn das Argument der Gewerkschaften, dass Bund und Länder den Städten und Gemeinden ja die Corona-bedingten Gewerbesteuerausfälle ersetzen, zieht nur bedingt.
Beide Seiten haben ihre Punkte gemacht
Denn diese Entlastung wirkt nur in diesem Jahr, die Belastung durch die Tariferhöhung jedoch dauerhaft. Kommunen brauchen aber Spielraum, um Schwimmbäder oder Theater offen zu halten oder Zukunftsinvestitionen zu tätigen.
Die neuen Männer am Verhandlungstisch haben beide ihre Punkte gemacht – und an anderer Stelle Federn gelassen. Verdi-Chef Frank Werneke setzte überproportionale Entgeltsteigerungen für Beschäftigte in unteren Lohngruppen durch, wenn auch nicht in erhoffter Höhe.
Die begehrten und in der Regel besser bezahlten Fachkräfte werden sich so zwar nicht gewinnen lassen. Aber die Gewerkschaft rekrutiert ihre Mitglieder eben eher nicht unter den Topverdienern.


Der kommunale Arbeitgeberchef Ulrich Mädge hat den Sparkurs in den Sparkassen und an den Flughäfen durchgeboxt und sich damit Respekt im durchaus nicht immer einheitlich auftretenden eigenen Lager verschafft.
Mit dem Abschluss gibt es jetzt Planungssicherheit bis Ende 2022 – wenn die Corona-Pandemie hoffentlich Geschichte ist. Und dann können unter anderen Rahmenbedingungen die Karten neu gemischt werden.
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