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KommentarDer Westen muss den Mordversuch an Nawalny mit Sanktionen beantworten

Die Giftattacke auf den russischen Oppositionsführer muss gezielte Reaktionen nach sich ziehen. Auch die Ostseepipeline Nord Stream 2 darf nicht in Betrieb gehen.Mathias Brüggmann 25.08.2020 - 04:30 Uhr

Alexej Nawalny mit seiner Frau Julia (r), seiner Tochter Daria und seinem Sohn Zakhar.

Foto: dpa

Was ist das für ein Staatschef, der seine Frau nach einem schweren Autounfall eilig und auf Kosten einer deutschen Bank nach Deutschland ausfliegen lässt und der Jahre später dann seine Behörden gewähren lässt, einen vergifteten Oppositionsführer, solange es geht, im eigenen Land zu halten? Von Wladimir Putin ist hier die Rede, seiner damaligen Frau Ljudmila und dem russischen Anti-Korruptionskämpfer Alexej Nawalny.

Der kämpft in der Berliner Uniklinik Charité um sein Leben. Die Ärzte dort gehen von einer Vergiftung aus und vermitteln die düstere Ahnung, dass sich ihr 44-jähriger, zuvor kerngesunder Patient möglicherweise nie wieder völlig von den Folgen der Giftattacke erholen könnte.

Es sind seit Langem menschliche Abgründe, in die man in Bezug auf den Kremlherrn schaut. Dennoch wurde er auch vom Westen wie ein normaler Staatsmann hofiert. Erst nach dem offenkundigen Völkerrechtsbruch durch Russlands Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim schmissen die westlichen G7-Staaten ihn aus ihrer elitären Runde. Ansonsten folgten immer Empörung, der Ruf nach vollständiger Aufklärung und Bestrafung der Täter.

Und was ist zumeist passiert nach der Blutspur politischer Morde, die sich von Moskau durch andere russische Städte bis nach London, Salisbury oder Berlins Kleinem Tiergarten zog? Die Hintermänner dieser Auftragsmorde und Giftanschläge wurden nicht ermittelt und verurteilt. Im Gegenteil: Mutmaßliche Auftragskiller wurden vom Kreml mit Orden ausgezeichnet oder mit Duma-Abgeordnetenmandaten belohnt.

Putin zeigt dem Westen dreist, dass er es kann. Dass er Oppositionelle und Überläufer ausschalten lassen kann, wie und wo er will. Egal, ob in Moskau, London, Berlin oder Tomsk. Und Gift, radioaktive Stoffe oder Nervengas, das international und auch offiziell von Russland geächtet ist, wird eingesetzt, um Widersacher nicht nur einfach auszuschalten, sondern besonders qualvoll und elendig verrecken zu lassen.

Empörung reicht nicht mehr

Mit Russland muss man reden, wird es in Kürze wieder in internationalen Fragen wie der Regulierung in Syrien und Libyen oder in Wirtschaftsfragen heißen. Es ist in der Tat schwer, einen großen und den Großteil der gesamten Wertschöpfungskette – vom Eisenerz bis zum Auto – beherrschenden Staat zu isolieren oder effektiv zu sanktionieren.

Aber immer nur Empörung in die Luft zu blasen und sich dann ein weiteres Mal von Russland, das auch die Computersysteme des Bundestags gehackt hat, vorführen zu lassen, reicht nicht mehr.

Es gibt auch Sanktionen, die als Nadelstiche richtig wehtun: Führenden Sicherheitskräften Russlands, den Chefs der sogenannten Machtministerien Verteidigung und Inneres, den mächtigen Bossen der Geheimdienste und anderen dürfen keine Einreisen in EU-Staaten mehr erlaubt werden. Aufenthaltsrechte müssen ihnen, ihren Angehörigen und ihren im Westen studierenden Kindern entzogen, hiesige Immobilien beschlagnahmt werden.

Das sind Maßnahmen, die den Helfershelfern des Kremlherrn wehtun, nicht aber der breiten Bevölkerung. Sie würden jene treffen, die immer gegen den Westen hetzen, jedoch Villen an Cote d'Azur, Riviera, in London oder Pässe Maltas, Zyperns oder Rumäniens besitzen. Entzieht man ihnen diese Zufluchtsmöglichkeiten im Ausland und am besten noch ihre westlichen Luxusautos und Jachten, trifft es sie hart.

Foto: Burkhard Mohr

Die hart arbeitenden Menschen in Russland sehen, dass der Westen nur aus guten Gründen ausgewählte und auch in weiten Teilen der Bevölkerung als korrupt verhasste Politiker im Fokus hat. Sie sehen, dass der Westen nicht mehr nur zahnlos bellt, sondern dass Schluss ist mit dem Kuschelkurs mit Moskau. Das hat auch Strahlkraft zu den Menschen in Weißrussland, die sich gerade mit großem Mut gegen die eigene Angst stemmen, wieder von den Todesschwadronen des seit 26 Jahren herrschenden Diktators Alexander Lukaschenko nach Massendemonstrationen niederkartätscht oder gar zu Tode gefoltert zu werden.

Und dann gibt es noch ein ganz besonderes deutsches Gift zur Abschreckung Moskaus: Die innerhalb der EU von Berlin vorangetriebene russische Ostseepipeline Nord Stream 2 muss auf den letzten Metern jetzt noch gestoppt werden.

Sich unabhängiger von russischem Öl und Gas zu machen bekommt jetzt eine zusätzliche politische Dimension. Mit Energieprojekten wie Nord Stream 2 verdient Russland das Geld, das es auch zur Finanzierung  seines Unterdrückungsapparats braucht. Und weniger Energieabhängigkeit vom Osten schützt auch vor Russlands Rache für neue und harte Sanktionen.

Mehr: Charité: Verdacht auf Vergiftung.

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