Kommentar Deutschland darf SpaceX keinen Blankoscheck ausstellen

Der Erdforschungssatellit Aeolus der europäischen Raumfahrtagentur Esa musste 2019 einem Starlink-Satelliten von SpaceX ausweichen.
Auf den ersten Blick wirkt es, als sei SpaceX weit weg vom normalen Alltag. Doch die Pläne des von Elon Musk gegründeten Raumfahrtunternehmens betreffen uns alle. Die SpaceX-Tochter Starlink will bis zu 42.000 Satelliten in eine niedrige Erdumlaufbahn setzen, um schnelles Internet anzubieten – seit wenigen Monaten auch in Deutschland.
Ermöglicht haben das die erteilten Frequenzen der Bundesnetzagentur. Die Verlängerung der Zugangsrechte in wenigen Monaten sollte die Behörde allerdings gut bedenken.
Wiederholt gab es Fast-Zusammenstöße mit SpaceX: zweimal mit einem Satelliten von One Web und ein anderes Mal mit einem der Europäischen Weltraumbehörde Esa. Dabei sind erst rund 1800 Satelliten von Starlink am Himmel. Mitte des Jahrzehnts sollen es 12.000 sein.
Die Gefahr wird mit der Anzahl der Satelliten steigen. Die Sorge von Experten: Kommt es zu Kollisionen, vergrößert sich die Anzahl der im Orbit befindlichen Teile – und damit die Wahrscheinlichkeit weiterer Zusammenstöße. Es droht das sogenannte Kessler-Syndrom – die Kollisionen könnten außer Kontrolle geraten.
Damit wäre der Zugang zum Weltall eingeschränkt oder versperrt. Das wäre eine fatale Situation mit weitreichenden sicherheits- und wirtschaftspolitischen Auswirkungen. Ein Opfer könnte auch die noch junge deutsche New-Space-Branche sein, die von Raketen bis zu Satelliten sehr erfolgreich innovative Produkte anbietet.
Jetzt will SpaceX solche Kollisionen mithilfe von Künstlicher Intelligenz vermeiden. Allerdings hat das Unternehmen bislang wenig Informationen und Einblicke in die Steuerungssoftware gewährt. Was bekannt ist: Bei den Beinahekollisionen hat sie laut One Web versagt, sie musste sogar aktiv ausgeschaltet werden.
Mehr Transparenz nötig
Es drängt sich der Eindruck auf, dass SpaceX nach dem Mantra des Silicon Valley vorgeht: move fast and break things. Aber Satelliten in der Praxis auszuprobieren, statt sie lange zu testen, ist unverantwortlich.
Das Mindeste, was SpaceX nun tun muss: mehr Transparenz schaffen und sich den Fragen der Öffentlichkeit stellen. Der Vorfall mit dem Esa-Satelliten zeigt aber, wie wenig sich SpaceX um die Gefahr kümmert. Das Unternehmen war nur per E-Mail zu erreichen – ein angesichts der Geschwindigkeit der Satellitenschwärme zu langsames Kommunikationsmittel.
Die logische Konsequenz: Deutschland darf SpaceX keinen Blankoscheck ausstellen. In weiser Voraussicht hat die Bundesnetzagentur die Vergabe befristet. Sie läuft zum Ende des Jahres aus. Bei einer Verlängerung müssen Umwelt- und Sicherheitsauflagen eine stärkere Rolle spielen.
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