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Kommentar Die Bundeswehr sollte bei der militärischen Entwicklung mehr Risiko wagen

In Deutschlands Rüstungsindustrie sollten mehr Start-ups zum Zuge kommen. Als Vorbild dient Israel, dessen militärisches Großgerät auf dem neusten Stand der Technik ist.
29.07.2021 - 04:10 Uhr Kommentieren
Sicherheit, Verteidigung und Rüstung sind keine Themen, die in Deutschland eine große Rolle spielen. Quelle: dpa
Bundeswehr

Sicherheit, Verteidigung und Rüstung sind keine Themen, die in Deutschland eine große Rolle spielen.

(Foto: dpa)

Der General Alfons Mais hat eine genaue Vorstellung von den Konflikten der Zukunft. Cyberangriffe könnten die deutsche Infrastruktur lahmlegen. Fremde Mächte könnten Drohnen und Roboter ins Feld schicken, die autonom über Angriff und Verteidigung entscheiden.

Demgegenüber könnte eine Bundeswehr stehen, die nicht schnell und schlau genug reagieren kann. Die genaue Analyse der Situation, die schnelle Reaktion sind aber das Fundament der künftigen nationalen Sicherheit. Wer in solchen Konflikten bestehen will, braucht heute schon seine Antworten, glaubt der Inspekteur des Heeres.

Militärs wie Mais wissen auch: Die bisherigen Partner wie Airbus, Rheinmetall oder Thyssen-Krupp helfen dafür nur bedingt. Die traditionellen Haus-und-Hof-Lieferanten der Bundeswehr entwickeln das klassische Großgerät: Panzer, Flugzeuge und Fregatten. Das funktionierte in der Vergangenheit halbwegs verlässlich.

Großprojekte wie der Eurofighter oder neue Panzerfahrzeuge vom Typ Puma sind zwar im Einsatz, aber teuer in der Anschaffung. Für die neuen Bedrohungen sind sie nur bedingt tauglich. Denn die Konflikte der Zukunft werden auch über die Verfügbarkeit von Informationen entschieden, darauf muss sich die Bundeswehr einstellen.

Deutsche Militärs blicken daher interessiert über die Grenzen. Mit der Darpa bauten die USA vor Jahrzehnten eine Agentur zur militärischen Forschung auf. Unter deren Federführung entstanden leistungsfähige Computer und die Vorläufer des Internets.

Seit einigen Jahren hat sich der Trend in der militärischen Entwicklung aber verändert: Nicht mehr Großstrukturen treiben militärische Anwendungen, sondern Start-ups. Analog zur Raumfahrt, wo Neugründungen wie SpaceX die etablierten Anbieter vor sich hertreiben, so kommen nun auch im Verteidigungsgeschäft immer mehr Innovationen aus der Gründerszene. Nach „New Space“ kommt „New Defence“.

Vorbild: Israel

Die USA, Frankreich und die Türkei wollen von den dynamischen Start-ups profitieren. Sie zweigen einen Teil ihrer bisherigen Budgets ab, mit denen sie bislang Boeing, Northrop Grumann oder Dassault finanzierten. Sie gehen ins Risiko, setzen auf viele Akteure, um am Ende aus einigen erfolgreichen Projekten großen Nutzen zu ziehen.

Das Vorbild ist Israel. Das kleine Land hat ungefähr so viel militärisches Großgerät wie die Bundeswehr, doch das ist auf dem neuesten Stand der Technik. Jedes Flugzeug ist einsatzbereit, jeder Soldat vernetzt, jede Grenze überwacht.

Was die Besucher besonders erstaunt: Das Mehr an Sicherheit bezahlt das kleine Israel mit einem vergleichsweise schmalen Budget. 20 Milliarden Dollar umfasst der Rüstungsetat Israels – Deutschland gibt mehr als doppelt so viel aus.

Nun ist Israel seit 70 Jahren im Dauerkonflikt mit seinen Nachbarn. Jeden Moment kann eine Bombe explodieren, eine Rakete einschlagen oder ein Cyberangriff die Infrastruktur lahmlegen. Wer dermaßen bedroht lebt, der verteilt sein Geld gezielt. Die Israelis kaufen ihre großen Waffensysteme vorwiegend in den USA und entwickeln sie selbst weiter. Das Ergebnis: Israel ist führend in Feldern wie der Künstlichen Intelligenz, in der Datenauswertung und in der Entwicklung von autonom operierenden Systemen wie Drohnen.

Israel ist mit seiner militärisch vernetzten Gründerszene aber auch ein Hotspot der Mobilitätsindustrie. Die bekannteste Adresse ist Mobileye: Das zu Intel gehörende Softwareunternehmen ist Pionier in der Verarbeitung von Kameradaten und entwickelt für Tesla und BMW. Wenn auf Autobahnen demnächst fahrerlos gefahren wird, ist das auch das Ergebnis israelischer Militärtechnik.

Desinteresse in Deutschland

Davon ist man in Deutschland weit entfernt. Sicherheit, Verteidigung und Rüstung sind keine Themen, die hierzulande eine große Rolle spielen. Das Desinteresse spiegelt sich in der Gleichgültigkeit der politischen Akteure und endet im Missmanagement zwischen Bundeswehr und Industrie.

Exemplarisch stehen dafür die Projekte von Airbus, dem größten deutschen Rüstungskonzern: Immerhin hat das Chaos um die Drohne Eurohawk und das Transportflugzeug A400 M zu einer Reform der Rüstungsbeschaffung geführt.

Die Nagelprobe für Airbus und die deutsche Industrie heißt FCAS. Das zusammen mit Frankreich in Auftrag gegebene „Future Combat Aircraft System“ soll bis 2040 ein neues Kampfflugzeug entwickeln, das im Verbund mit Drohnen eingesetzt wird. Die Kosten werden auf stolze 100 Milliarden Euro geschätzt. Es ist ein Mammutprojekt mit höchster Bedeutung für den Technologiestandort Deutschland. Deshalb dürfen diese enormen Summen nicht nur an die etablierten Adressen fließen. Es wird höchste Zeit, dass auch in der deutschen Rüstungsindustrie Start-ups zum Zuge kommen.

Mehr: Innovation ist die beste Verteidigung: Deutschland drohen Auseinandersetzungen mit ungleichen Waffen

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