Kommentar Die CDU verspielt in der Coronakrise ihr Vertrauen in Rekordzeit

Der neue CDU-Vorsitzende und NRW-Ministerpräsident steht bereits unter großem Druck – und muss die Union nun aus der Krise führen.
Kabarettist Didi Hallervorden hat mit Blick auf die Coronakrise jüngst eine passende Metapher gebraucht. Vertrauen sei wie ein Eiswürfel, sagte er. Einmal geschmolzen, komme es nicht mehr zurück.
Die Union ist gerade dabei, das in der ersten Welle der Corona-Pandemie erworbene Vertrauenskapital in Rekordzeit aufzubrauchen. Ihr Eiswürfel schmilzt, als ob ein Tropenhoch übers Land hinwegzieht.
Solides Regieren war immer ein Markenkern der Union, und von Kanzlerin Angela Merkel im Besonderen. Die Bürger konnten von den Merkel-Regierungen zwar nie die großen Reformen erwarten. Doch die Kanzlerin steuerte das Land glimpflich durch all die Krisen. Die Menschen fühlten sich bei ihr in Sicherheit.
Doch in der zweiten Corona-Welle ist den Bürgern genau diese Sicherheitsgewissheit abhandengekommen. Man sollte mit einem Vokabular wie „Versagen“ immer behutsam umgehen. Aber anders als mit dem Wort Politikversagen lässt sich die Performance der Union in der zweiten Welle der Pandemie kaum mehr umschreiben.
Die Corona-Hilfen von CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier? Kommen mit großer Verspätung an. Die Impfkampagne? Misslungen. Die Test-Strategie von CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn? Obwohl ein Jahr Zeit war, null vorbereitet. Das ist der größte Bock von allen.
Als ob das allein nicht reicht, machen einzelne Unionspolitiker bei Geschäften mit Schutzausrüstung auch noch Kasse. Und die Union ging mit den inzwischen diversen Korruptionsaffären zunächst auch noch erschreckend sorglos um.
Auch im Bund droht die Oppositionsbank
Statt sofort Konsequenzen zu ziehen, kündigten die betroffenen Politiker zunächst nur an, nicht mehr zu kandidieren. Das hat die Union inzwischen zwar etwas korrigiert, aber bittere Pointen liefert sie weiterhin.
So wird ausgerechnet Philipp Amthor Spitzenkandidat und damit Merkel-Nachfolger für die Bundestagswahl in Mecklenburg-Vorpommern. Jener Amthor, der wegen einer Lobbyaffäre auf die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl verzichten musste.
Diese Affären gepaart mit dem Corona-Krisenmanagement führen zu einem desaströsen Erscheinungsbild der Union – und das genau vor dem Start ins Super-Wahljahr.
Viel spricht dafür, dass die CDU bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz am kommenden Sonntag einen tiefen Absturz hinnehmen muss. CDU-Chef Armin Laschet muss sich etwas einfallen lassen. Er muss jetzt beweisen, dass wenigstens auf ihn Verlass ist. Laschet sollte etwa alles daransetzen, NRW zum Impf-Land Nummer 1 zu machen. Denn befreit er die Union nicht aus ihrem Abwärtsstrudel, ist auch das bis vor Kurzem Undenkbare nicht ausgeschlossen: dass die Union nach der Bundestagswahl die Oppositionsbank drücken muss.
Mehr: Start der kostenlosen Tests wohl nicht überall – Spahn mit Wutausbruch
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Abgewogenes Urteil, Kritik ohne Häme. Was mich irritiert, ist das donnernde Schweigen des HB-Politikchefs. Wäre so etwas im politisch "linken" Lager passiert, hätten wir sicherlich ein Trommelfeuer von Berichten, Kommentaren und Phililippiken erlebt. Politische Einseitigkeit kann man manchmal selbst durch Schweigen zum Ausdruck bringen.
Der Vertrauensverlust betrifft bei mir die gesamte Szene, nicht nur die CDU. Da sitzt z.B. ein SPD-Abgeordneter schon seit Jahren im Bundestag, kassiert seine Diäten und sein Prozess in Mainz wird immer wieder verschoben. In der SPD spricht hier niemand mehr über dieses Thema und wählen kann ich hier nur nach dem Prinzip des geringsten Übel. M.E. muss das gesamte System dringend "renoviert" werden d.h. Begrenzung des Bundestags, Wettbewerbsverbot für die Parlamentarier, Schadenersatzansprüche bei Versagen und und und
Der Vertrauensverlust betrifft bei mir die gesamte Szene, nicht nur die CDU. Da sitzt z.B. ein SPD-Abgeordneter schon seit Jahren im Bundestag, kassiert seine Diäten und sein Prozess in Mainz wird immer wieder verschoben. In der SPD spricht hier niemand mehr über dieses Thema und wählen kann ich hier nur nach dem Prinzip des geringsten Übel. M.E. muss das gesamte System dringend "renoviert" werden d.h. Begrenzung des Bundestags, Wettbewerbsverbot für die Parlamentarier, Schadenersatzansprüche bei Versagen und und und