Kommentar Die Elektromobilität kommt schneller als gedacht

2030 stellt die europäische Tochter des US-Konzerns die Fertigung von Benzin- und Dieselmodellen vollständig ein. Auch Plug-in-Hybride wird es dann nicht mehr geben.
Der Ford-Konzern gehört definitiv zu den Autokonzernen, die die Elektromobilität lange verschlafen haben. Weil die Zeit für eine Eigenentwicklung nicht mehr reichte, muss nun der Volkswagen-Konzern bei Ford Europa mit einer Elektroplattform für die erste Modellgeneration aushelfen.
Doch plötzlich ist auch für den Spätstarter Ford kein Elektro-Ziel ehrgeizig genug: Schon 2030 soll in Europa das letzte Verbrennermodell mit Benzin- oder Dieselmotor verkauft werden, kündigte der US-Konzern jetzt an. Und nicht nur bei Ford geht plötzlich alles schneller als erwartet. Auch bei General Motors, Volkswagen, Volvo oder Jaguar Land Rover geht es mit der Elektrifizierung deutlich zügiger voran als noch vor zwölf Monaten.
Die neue Dynamik ist erstaunlich – vor allem, wenn man sie ins Verhältnis mit den selbst gesteckten Erwartungen der Konzerne setzt. Elektromobilität ist ein Gewinnerthema – das ist durchaus ein Verdienst der Politik. Sie macht rund um den Globus viel Druck, Europa und China sind dabei bislang die Vorreiter gewesen. Doch unter dem neuen Präsidenten Joe Biden wandeln sich gerade auch die USA und entdecken die Elektromobilität neu.
Die Autohersteller haben erkannt, dass sie sich anpassen und noch einmal beschleunigen müssen. Am Klimawandel zweifelt kaum noch jemand. Ford ist ein gutes Beispiel dafür, wie ein Autohersteller auf die Politik reagiert und dem Drängen nach mehr Elektroautos nachgibt.
Großbritannien hat vor wenigen Wochen angekündigt, dass mit Verbrennern schon im Jahr 2030 Schluss sein soll. Für Ford Europa sind die Britischen Inseln der wichtigste Einzelmarkt. Dem Konzern bleibt gar nichts anderes übrig, als schnell zu reagieren. Andernfalls müsste sich Ford schon in wenigen Jahren aus Großbritannien zurückziehen. Ford muss den vollständigen Wechsel zur Elektromobilität wegen der langen Entwicklungszeiten jetzt einleiten. 2027 oder 2028 wäre das viel zu spät.
Auch Jaguar Land Rover mit seinen zwei urbritischen Automarken hat verstanden, dass das Unternehmen den politischen Vorgaben nicht mehr ausweichen kann. Deshalb plant auch Jaguar Land Rover mit einem kompletten elektrischen Modellangebot für das Jahr 2030 – und keinen Tag später.
China und Europa sind Vorreiter bei der Elektrifizierung
Unter Donald Trump sind die USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen ausgetreten. Unter seinem Nachfolger Biden hat es nur wenige Tage gedauert, bis die größte Wirtschaftsnation der Welt wieder mit dabei war. Danach gingen nur wenige Wochen ins Land, bis auch General Motors seinen neuen Elektrofahrplan auf den Tisch legte. In den USA verläuft die Entwicklung zwar etwas langsamer, aber GM will immerhin bis 2035 ein komplett emissionsfreies Modellangebot präsentieren.
In China und Europa geht alles schneller, beide Regionen sind die Protagonisten in Sachen Elektromobilität. In der Volksrepublik sorgt der zentralistische Druck der Partei für die wachsenden Zulassungszahlen bei Elektroautos. In Europa sind es das zunehmende Umweltbewusstsein in der gesamten Bevölkerung und die Furcht vor irreparablen Klimaschäden, die den Boden für den Stimmungswandel bereiten.
Deshalb gab es im vergangenen Jahr keinen allzu großen Widerspruch, als die Europäische Kommission ihre verschärften Klimaziele im Rahmen des neuen „Green Deals“ vorlegte. Verschärfte Grenzwerte, die die Automobilhersteller zu einer größeren Produktion von Elektrofahrzeugen zwingen. Allein der VW-Konzern rechnet deshalb mit 300.000 vollelektrischen Autos zusätzlich pro Jahr.
Dazu kommt eine ganz wesentliche Veränderung im Vergleich zu der Zeit vor zehn oder 20 Jahren: Auch die Automobilhersteller ziehen mit, sie blockieren nicht mehr. Ein Konzernchef wie Herbert Diess von Volkswagen sieht kein Problem darin, in den nächsten Jahren noch mehr Elektroautos zu produzieren als ursprünglich geplant. Andere alternative Antriebsarten spielen keine Rolle mehr, alles dreht sich nur noch um das E-Auto.
Alle Hersteller bereiten sich auf die neuen Zeiten vor: Fabriken werden komplett auf E-Autos umgerüstet, dafür stehen genügend Investitionsmittel bereit. Genauso werden die Zulieferketten umgebaut: Es entstehen neue Batteriefabriken, und die Rohstoffsicherung wird zu einem essenziellen Baustein jeder Konzernstrategie.
Politik forciert Ausbau des Ladenetztes
Natürlich sind die Lücken in der Ladeinfrastruktur ein ernsthaftes Problem, das sich nicht leugnen lässt. Aber auch auf diesem Feld passiert etwas. Zum einen sind es die Autohersteller selbst, die zusätzliche Ladestationen errichten. Aber auch die Politik hat erkannt, dass es jetzt wirklich schneller vorangehen muss. Ein Jahrzehnt wird der Aufbau des Ladenetzes in Europa voraussichtlich dauern. Eine Zeit, die reichen sollte.
In Deutschland werden Baugesetze geändert, damit das Laden zu Hause einfacher wird. Arbeitgeber richten Ladepunkte für ihre Mitarbeiter ein. Außerdem entstehen Stationen im öffentlichen Raum auf Parkplätzen und vor dem Supermarkt. Energie- und Mineralölkonzerne sind aufgewacht, weil sie ein neues Geschäftsfeld entdecken.
Enthusiastische Anhänger von Benzin- und Dieselmotoren werden sich mit der neuen Realität anfreunden müssen, ob sie es wollen oder nicht. Das Jahrhundert des Verbrennungsmotors geht zu Ende. Ein gutes Jahrzehnt haben die Verbrenner vielleicht noch, danach ist Schluss. Doch das ist alles andere als ein Grund zu jammern – weil der Umwelt und dem Klima entscheidend geholfen wird.
Mehr: Ford baut in Köln sein erstes europäisches Elektroauto und investiert eine Milliarde Dollar.
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Es ist unrealistisch in naher Zukunft bedrohen uns Stromblackouts und unsere Energienetze sind vollkommen überlastet, so dass die Ladestationen unmöglich den Bedarf für Millionen von Fahrzeugen decken könnten. (...) Beitrag von der Redaktion editiert. Bitte achten Sie auf unsere Netiquette: Kommentare sind keine Werbeflächen. https://www.handelsblatt.com/netiquette
Und beim Atomausstieg -nach Fukushima und vor der Bundestagswahl- durch unsere Kanzlerin Angela Merkel sind alle in Europa gefolgt, oder wie war das?
Es war ein klares Kalkül und der Absturz der Grünen wurde eingeleitet.
Nun sind sie mit dem Co2 wieder on Bord!
Und die deutschen Steuerzahler zahlen weiter die Zeche wie bisher.
Weder dem Atomausstieg ist weltweit jemand gefolgt, noch wird es jemanden weltweit interessieren, wenn Deutschland etwa 2 Prozent Co2 einsparen wird.
So trivial ist das. Nur nicht in der Politik.
Und beim Atomausstieg -nach Fukushima und vor der Bundestagswahl- durch unsere Kanzlerin Angela Merkel sind alle in Europa gefolgt, oder wie war das?
Es war ein klarer Kalkül und der Absturz der Grünen wurde eingeleitet.
Nun sind sie mit dem Co2 wieder on Bord!
Und die deutschen Steuerzahler zahlen weiter die Zeche wie bisher.
Weder dem Atomausstieg ist weltweit jemand gefolgt, noch wird es jemanden weltweit interessieren, wenn Deutschland etwa 2 Prozent Co2 einsparen wird.
So trivial ist das. Nur nicht in der Politik.
Da wird wieder einmal die Rechnung ohne den Wirt gemacht!
Zwei Aspekte kommen hier zu kurz:
1) Die CO2-Bilanz selbst von reinen E-Fahrzeugen ist nicht nur wegen der Batterie-Produktion schlecht. Selbst im laufenden Betrieb ist der CO2-Verbrauch auf Basis des deutschen Strommixes deutlich höher als die 95 mg, die den Automobilherstellern zur Zeit als Vorgabe gemacht werden (siehe hierzu die Praxistests von AMS). Der Effekt auf das Klima ist somit gar nicht das, was uns die Politik verspricht.
2) Der Umstellung auf batteriebetriebene Fahrzeuge und das effektive Verbot von Verbrennern führt zu einem Kahlschlag bei den Beschäftigtenzahlen deutscher Hersteller und Zulieferer.
Fazit: die Politik sägt mit Begeisterung an dem Ast auf dem wir sitzen und der Effekt auf die Klimaerwärmung ist bestenfalls "Überschaubar".
Zitat des Autors: "Großbritannien hat vor wenigen Wochen angekündigt, dass mit Verbrennern schon im Jahr 2030 Schluss sein soll." Stimmt leider nicht bzw. zu unpräzise, wie bei fast jedem Handelsblatt Artikel zu dem Thema (!!). Wenn überhaupt, dann soll mit REINEN Verbrennern Schluss sein. Ein PHEV, das lokal emissionsfrei fahren kann, bspw. auch ein GLE 350de oder X5 45ie, wären dann noch möglich, und diese haben sehr wohl einen Verbrenner an Bord.
jawoll Herr Metz,
zeigen Sie es allen, weil Sie gegen den Strom schwimmen und aus Trotz (und natürlich aus Spaß, Hobby o.ä.) ein Spielzeug mit dem höchstmöglichen Verbrauch kaufen! Sehr fortschrittliche Denkweise!
Aber: Es sei Ihnen gegönnt!
Ich kaufe mir trotzdem einen Verbrenner, solange ich einen kaufen kann - und falls ich die Kohle haben sollte, dann diesen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:CIAS_2013_-_2013_Dodge_Viper_SRT_GTS_(8478784053).jpg
649 PS, V10, schlappe 8,4(!!!!!) Liter Hubraum, 330 km/h Fullspeed
Brüllt wie ein wütender Löwe. DAS ist ein Auto - und kein E-Kastrat!
Ich lasse mich halt nicht gerne von einer klima-wahnsinnigen Politik zu etwas zwingen. Letztendlich hat der Verbraucher auch mehr Macht, als die Politik denkt - vor allem, wenn ihm bewusst ist, dass diese ihn nur gängeln will. Sieht man schön am E10-Biodreck: eine Vielzahl der Autofahrer tankt den Mist nämlich einfach nicht...