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Kommentar Die endlose Hängepartie bei der Bankenunion gefährdet das europäische Projekt

Die EU muss endlich einen echten Binnenmarkt für Finanzservices schaffen. Dazu ist Mut und Risikobereitschaft nötig, aber der Einsatz lohnt sich.
05.03.2021 - 09:59 Uhr Kommentieren
Das Euro-Symbol spiegelt sich in einer Pfütze: Seit Jahren ringt die EU um die Vollendung der Bankenunion – bislang ohne Ergebnis. Quelle: dpa
Euro-Symbol

Das Euro-Symbol spiegelt sich in einer Pfütze: Seit Jahren ringt die EU um die Vollendung der Bankenunion – bislang ohne Ergebnis.

(Foto: dpa)

Wer sich nur ein wenig intensiver mit den Versuchen der Europäischen Union beschäftigt, einen einheitlichen Finanzmarkt zu schaffen, muss frustriert den Kopf schütteln. Seit 2015 zieht sich das Gerangel um Bankenunion und Kapitalmarktunion nun schon hin, ohne dass ein positives Ende absehbar wäre. Immer wieder tauschen die gleichen Kontrahenten die gleichen Argumente aus. Das Ganze ähnelt einer albtraumartigen Endlosschleife – und täglich grüßt der Integrationsstreit.

Die portugiesische EU-Ratspräsidentschaft plant jetzt einen neuen Vorstoß, um wenigstens die Bankenunion voranzutreiben. Das ist aller Ehren wert, aber noch bevor der Vorschlag offiziell auf dem Tisch liegt, wird er wie üblich zerredet. Für die Wette, dass sich auch die Portugiesen an den altbekannten Problem aufreiben werden, bekäme man beim Buchmacher keine besonders attraktiven Quoten geboten. Dabei wären Fortschritte so dringend nötig.

Das ewige Debattenkarussell rund um den Binnenmarkt für Finanzen ist ein Indiz für die Zwickmühle, in die sich Europa hineinmanövriert hat. Seit der großen Schuldenkrise vor einem Jahrzehnt sind mutige Schritte zu einer weiteren europäischen Integration quasi ein Tabu. Seither ist die Währungsunion in einem heiklen Schwebezustand. Das entscheidende Problem dabei: Ewig wird sich die Balance nicht halten lassen. Mit einer halbfertigen Bankenunion und einer Viertel-Kapitalmarktunion ergibt das ganze Euro-Projekt keinen rechten Sinn. Entweder geht die EU endlich beherzt voran, oder die Währungsunion wird langsam zerbröseln.

Rückstand gegenüber den USA und China

Ohne ein bisschen Mut zum Risiko wird es keine Fortschritte beim Kampf um einen echten Binnenmarkt für Finanzservices geben. Aber der Preis würde den Einsatz lohnen. Denn ohne einen einheitlichen Kapitalmarkt hat Europa keine Chance, den Rückstand gegenüber den Vereinigten Staaten und China bei der Finanzierung von jungen, innovativen Unternehmen und neuen Technologien aufzuholen. Die Kleinstaaterei in Sachen Finanzmarkt gefährdet die wirtschaftlichen Zukunftschancen der gesamten Europäischen Union.

Bei der Bankenunion stehen immerhin schon zwei von drei Säulen – mehr oder weniger: die gemeinsame Aufsicht über die größten Banken in der Euro-Zone und ein Abwicklungsfonds, der dafür sorgen soll, dass die Steuerzahler im Falle eines Falles nicht noch einmal die Banken retten müssen.

Für chronischen Streit sorgt die dritte Säule: die gemeinsame Einlagensicherung, im Brüsseler Fachjargon unter dem Kürzel Edis bekannt. Sie soll einspringen, wenn eine Bankenpleite so tiefe Löcher in die nationalen Reserven reißt, dass diese nicht ausreichen.

Seit Jahren lähmt die Sorge, dass womöglich sorgsame Sparer aus dem Norden für marode Finanzinstitute im Süden haften müssen, die Verhandlungen. Besonders weit verbreitet ist diese Angst in Deutschland. Zum Leidwesen der portugiesischen Ratspräsidentschaft dürfte jetzt tatsächlich nicht der optimale Zeitpunkt sein, um die Integration voranzutreiben. Noch ist zu unklar, welche Folgen die Pandemie in den Bilanzen der Banken hinterlassen wird. In einer derart undurchsichtigen Situation werden sich die Kritiker wie Deutschland kaum auf eine stärkere Vergemeinschaftung einlassen.

Schon in wenigen Monaten könnte das allerdings völlig anders aussehen. Dann wird klar sein, wie stark die Coronakrise Länder wie Italien oder Griechenland im Kampf gegen die faulen Kredite zurückgeworfen hat. Alle größeren europäischen Banken werden dann einen rigorosen Stresstest hinter sich haben. Sobald die Bilanzen aufgeräumt sind, muss es an die Vollendung der Bankenunion gehen.

Ein Kompromiss ist möglich

Bei der Einlagensicherung braucht es ja keine vollständige Vergemeinschaftung. Die nationalen Sicherungssysteme bieten bereits einen ziemlich komfortablen Schutz, und sie sind untereinander vernetzt. Bereits 2016 hat die niederländische EU-Parlamentarierin Esther de Lange ein System vorgeschlagen, das auf einem Rückversicherungsmodell basiert. Auf dieser Grundlage sollten sich eigentlich alle Parteien einigen können. Selbst die deutschen Banken rangen sich damals zu einem „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung“ durch, bevor sie wieder die üblichen Bedenken gegen eine gemeinsame Einlagensicherung auflisteten.

Seither sind fünf Jahre vergangen. Noch länger um die immer gleichen Fragen zu kreisen ist sinnlos. Entweder muss die EU das Projekt zügig zu Ende bringen, oder Brüssel muss eingestehen, dass es mit Banken- und Kapitalmarktunion nichts wird. Das wäre allerdings ein Offenbarungseid und ein fatales Signal für die gesamte Währungsunion.

Mehr: Kompromissvorschlag zur Bankenunion rüttelt an deutschen Tabus

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