Kommentar: Die EU plant eine digitale Mondlandung – doch ihr Treibstoff bleibt unklar

Die EU-Kommission will den Austausch von wertvollen Informationen aus Bereichen wie Verkehr, Landwirtschaft und Gesundheitswesen erleichtern.
Bessere Behandlungsmöglichkeiten für Patienten dank Telemedizin, weniger CO2-Ausstoß dank der intelligenten Steuerung von Heizungen, eine effizientere Produktion dank Datenanalyse: Die EU-Kommission unter Ursula von der Leyen nutzt derartige Beispiele, um eine positive Vision für die Digitalisierung zu formulieren. Die Technologie soll Wirtschaft und Gesellschaft nutzen, ohne dass die Grundrechte der Bürger dabei ausgehöhlt werden, so lautet das hehre Ziel der deutschen Politikerin.
Das ehrgeizige Vorhaben setzt die richtigen Akzente. Der Zugang zu öffentlichen Daten ermöglicht neue Produkte und Dienstleistungen, ein einheitlicher Binnenmarkt hilft europäischen Unternehmen im internationalen Wettbewerb, und Investitionen in Forschung und Entwicklung dürften sich langfristig auszahlen.
Viele wichtige Aspekte sind jedoch noch unklar. Nicht zuletzt fehlen bislang ein konkreter Zeitplan und ein angemessenes Budget. Davon hängt jedoch ab, ob das Projekt, das die Exekutive mit selbstbewusster Rhetorik präsentiert, eine Chance auf Erfolg hat.
Beispiel Künstliche Intelligenz: Die EU-Kommission will die Entwicklung der Technologie fördern, indem sie die Forschung unterstützt und die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Einrichtungen und privaten Unternehmen initiiert. Gleichzeitig plant sie jedoch eine strenge Regulierung von Algorithmen. Das richtige Maß zu finden, das den Überwachungskapitalismus eindämmt, aber Innovationen nicht abwürgt, dürfte eine gesetzgeberische Herausforderung werden.
Beispiel Datenökonomie: Die EU-Kommission will den Austausch von wertvollen Informationen aus Bereichen wie Verkehr, Landwirtschaft und Gesundheitswesen erleichtern und so den Binnenmarkt stärken. Dafür plant sie klare Regeln und die Unterstützung von digitalen Plattformen wie Gaia-X, dem Lieblingsprojekt von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Gleichzeitig herrscht indes nach wie vor eine große Unsicherheit über die genaue Auslegung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die Organisationen seit Mai 2018 anwenden müssen.
Damit Unternehmen von Porto bis Tallinn ihre Position im internationalen Wettbewerb verbessern können, muss die EU zügig und entschlossen handeln. Dafür stehen aber womöglich gar nicht die nötigen Mittel zur Verfügung: Im Finanzrahmen von 2021 bis 2027 ist – wie in der Vergangenheit – ein Großteil des Budgets für Landwirtschaft und Strukturhilfen vorgesehen.
Selbst eine moderate Umschichtung sorgt unter den EU-Mitgliedstaaten für Kontroversen. So wird es allerdings schwierig, mit den USA und China mitzuhalten – die investieren weiter erheblich.





