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Kommentar Die EU wirkt gegen die britischen Nadelstiche ohnmächtig

Großbritannien verlängert eigenmächtig die Übergangsperiode für Nordirland. Das Land testet die Grenzen des vereinbarten Protokolls – und die EU kann wenig dagegen tun.
04.03.2021 - 14:47 Uhr Kommentieren
Premierminister Boris Johnson mit Minister David Frost, der die Übergangsperiode in Nordirland eigenmächtig um sechs Monate verlängert hat. Quelle: AP
London

Premierminister Boris Johnson mit Minister David Frost, der die Übergangsperiode in Nordirland eigenmächtig um sechs Monate verlängert hat.

(Foto: AP)

Die EU ist empört. Mit „großer Besorgnis“ und „Enttäuschung“ quittierte Kommissionsvize Maros Sefcovic den jüngsten britischen Alleingang in Nordirland. Die Regierung von Premierminister Boris Johnson hatte am Mittwoch die Übergangsperiode für Warenkontrollen an der irischen Seegrenze eigenmächtig um sechs Monate verlängert. Dies sei schon der zweite Anlauf, das Völkerrecht zu brechen, beschwerte sich Sefcovic und kündigte rechtliche Schritte an.

Es gibt zwei Gründe für den Eklat. Erstens will der neue Brexit-Minister David Frost eine Duftmarke setzen. Sein Vorgänger Michael Gove war diplomatischer im Ton, unter Hardliner Frost soll es wieder robuster zugehen. Insofern handelt es sich um eine gezielte Provokation.

Zweitens besteht auch ein echtes Problem: London fürchtet leere Supermarktregale in Nordirland, sollten ab April die Grenzkontrollen verschärft werden. Man will den Unternehmen sechs Monate mehr Zeit zur Vorbereitung geben. Frost sprach von „vorläufigen technischen Schritten“.

Der Alleingang mag gegen diplomatische Etikette verstoßen, ist aber in der Sache nicht überraschend. Die Briten haben nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass sie Grenzkontrollen zum Nachbarn Irland für überflüssig halten. Ebenso haben sie stets betont, dass Nordirland Teil des britischen Staatsgebiets ist – und der Warenfluss sichergestellt sein muss.

Nun rächt sich, dass das Nordirlandprotokoll im EU-Ausstiegsvertrag breiten Interpretationsspielraum lässt. Die britische Regierung schafft Fakten, und die EU kann wenig dagegen tun. Sie könnte vor ein Schiedsgericht ziehen, aber Sanktionen wären lasch und langsam, und Großbritannien könnte jederzeit wieder einlenken – wie schon beim Streit über das Binnenmarktgesetz im vergangenen Herbst.

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Frost nutzt das aus und testet die Grenzen des Protokolls. Sein Ziel ist es offenbar, die EU so mürbe zu machen, dass sie sich am Ende auf weniger Grenzbürokratie einlässt. Angesichts dieser britischen Nadelstiche wirkt die große EU ohnmächtig.

Brüssel ist nicht an einer Eskalation interessiert, denn diese würde das Nordirland-Dilemma nicht lösen. Es wäre politisch fatal, auf britischem Staatsgebiet in Gutsherrenart aufzutreten. Stattdessen bleibt der EU nichts anderes übrig, als die britischen Bedenken ernst zu nehmen und sich mit London zu arrangieren.

Das Gleiche gilt allerdings auch für Großbritannien. Das Land ist auf eine vertrauensvolle Beziehung zum großen Nachbarn angewiesen. Frosts Konfrontationskurs wirft diese Bemühungen weiter zurück.

Mehr: London verlängert einseitig Nordirland-Übergangsphase.

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