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KommentarDie Havarie im Suezkanal hinterlässt eine fatale Ahnungslosigkeit

Wer Lehren aus dem Unfall im Suezkanal erwartet hat, wird bitter enttäuscht. Stattdessen wurde geschachert wie auf dem Basar. Das könnte schmerzhafte Folgen haben.Christoph Schlautmann 06.07.2021 - 04:00 Uhr Artikel anhören

Eine Wiederholung scheint jederzeit möglich.

Foto: dpa

Düsseldorf. Als am 24. März 2015 der Germanwings-Flug 4U9525 mit einem Horrorabsturz in den französischen Alpen endete, trieb Luftfahrtexperten monatelang nur eine Frage um: Wie ließe sich die Wiederholung des Vorfalls – nämlich die Selbsttötung eines depressiven Piloten – in Zukunft verhindern? Am Ende folgten psychologische Gesundheitschecks für Luftkapitäne und eine überarbeitete Zwei-Piloten-Regel.

Als am 23. März 2018 ein selbst fahrender Volvo XC90 eine Fußgängerin in Arizona tödlich erfasste, stellte der Autobetreiber Uber sämtliche Testfahrten ein, bis nach Monaten der Fehler gefunden war. Anschließend folgten massive Einschränkungen für den Betrieb von Robotertaxis und eine neue Software fürs autonome Fahren.

Am 23. März dieses Jahres wiederum setzte sich ein 400 Meter langer Containerfrachter im Suezkanal quer und brachte über sechs Tage hinweg den internationalen Welthandel faktisch zum Erliegen. Die Lehren daraus? Keine.

Hemdsärmeliger kann man sich wohl kaum über die Risiken im eigenen Gewerbe hinwegsetzen, als es die Verursacher dieser katastrophalen Schiffshavarie tun. Die Behörden haben das Schiff nun schlussendlich freigegeben. Mehr als drei Monate standen die Akteure vor Gericht, verhandelten untereinander, tauschten sich mit Versicherungen aus.

Doch nicht über die Ursache des verheerenden Unfalls, sondern allein über die zu zahlende Schadensersatzsumme. Und die zahlen die eigenen Kunden dann auch noch mit, weil der Schaden nach dem Seegesetz der „Havarie grosse“ reguliert wird.

Havarie bleibt vorerst ohne Konsequenzen

Dabei waren die wirtschaftlichen Auswirkungen verheerend. Der Schaden türmte sich auf mehrere Milliarden Dollar. Hunderte Schiffe warteten tagelang auf die verwehrte Passage, einige nahmen Umwege rund um Afrika in Kauf. Über Wochen stockte weltweit die Warenversorgung.

Direkte Konsequenzen hingegen sind ausgeblieben. Einen vorläufigen Stopp für Megaschiffe im Suezkanal gab es nicht, auch keine Überprüfung, ob die neuen Superfrachter bei starkem Wind überhaupt eine Passage antreten sollten.

Möglicherweise gab es auch Ausbildungsdefizite bei der Crew und ihrem Kapitän – einer Mannschaft, die aus Indien stammte. Wurden die Sicherheitsbestimmungen eingehalten? Müssten im Kanal nicht Schlepper solche Großschiffe begleiten, um Havarien zu verhindern? All dies interessierte in Ägypten offenbar niemanden.

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Stattdessen wurde geschachert wie auf dem Basar – mit guten Aussichten auf Wiederholung. Die zuletzt vielfach georderten Containerschiffe sind noch um ein Fünftel größer als die verunglückte „Ever Given“.

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