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  4. Der Klimagipfel der USA kann ein Anstoß sein – aber befreit andere Länder nicht von ihrer Verantwortung

KommentarDie Klimaziele, die Washington anstrebt, sind beeindruckend

Die Konferenz könnte eine Chance für schnelle Fortschritte sein. Doch der Rest der Welt sollte nicht darauf warten, dass die USA politisch dauerhafte Maßnahmen verankern.Annett Meiritz 23.04.2021 - 04:00 Uhr Artikel anhören

Die Erwartungen an das Treffen waren hoch.

Foto: AFP

Der Klimagipfel als solcher ist für US-Präsident Joe Biden schon ein Erfolg. Trotz außen- und sicherheitspolitischer Konflikte hat er es geschafft, 40 Länder virtuell an einen Tisch zu bringen. Für einen Moment, so der erste Eindruck, rückten Differenzen in den Hintergrund, um sich auf ein übergeordnetes Ziel zu konzentrieren: den Kampf gegen die Erderwärmung.

Dieser Gipfel unterscheidet sich von vielen Treffen der Vergangenheit. Denn wer einmal die regulären Klimakonferenzen der Vereinten Nationen besucht hat, weiß: Sie sind zweifelsohne wichtig, aber auch zäh, ermüdend und häufig im Klein-Klein verstrickt. Bidens „Earth Day“-Veranstaltung hingegen ist ein massentaugliches Meeting, sie ist die unbürokratische Turboversion eines Gipfels – eine Konferenz auf amerikanische Art.

Die Erwartungen an das Treffen sind hoch, denn die US-Regierung drängt glaubwürdig auf eine globale Klimawende. Biden hat schon vor dem Gipfel ambitionierte Ziele vorgelegt und früh in seiner Amtszeit viele umweltschädliche Maßnahmen der Trump-Regierung rückgängig gemacht. Damit überraschte der Präsident einige Kritiker, die davon ausgingen, der Zentrist Biden werde im Weißen Haus zu zaghaft und auf Konsens bedacht agieren.

Auch sein „Build Back Better“-Plan, der die USA in eine grüne Energiewende führen soll, ist ehrgeizig und innovativ. Wird das Paket tatsächlich beschlossen, wäre es das erste Mal, dass die USA den Klimawandel in den Mittelpunkt einer Wirtschaftsreform rücken.

Washington führt damit anderen Nationen vor Augen, dass man gerade jetzt, in der Pandemie, groß denken muss, um etwas zu verändern. In fast jeder Rede sprechen er oder seine Ministerinnen und Minister von der Klimawende als Chance anstelle einer Bürde. Eine ganze Armada von Beamten arbeitet daran, dass die Bürger den Umbau der Nation als Investition in Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Jobs betrachten.

Beeindruckende Ziele

Tatsächlich sind die Ziele, die Washington anstrebt, beeindruckend: Mehr als zwei Billionen Dollar sollen in grüne Infrastruktur fließen, eine halbe Million Ladestationen für E-Autos entstehen, und bis zum Jahr 2030 sollen die USA 52 Prozent ihrer CO2-Emissionen reduzieren.

Nur leider hat Bidens grüne Mission einen Haken. Denn so mitreißend der amerikanische Stil ist, bleibt er eben häufig an der Oberfläche. Wie die Klima- und Umweltziele umgesetzt werden sollen, ist unklar. Zum einen wird sich die Debatte über Zukunftschancen auf dem Jobmarkt schnell drehen, sobald es Rückschläge gibt.

Der US-Präsident hat es geschafft, 40 Länder virtuell an einen Tisch zu bringen.

Foto: AP

Ein Umbau auf grüne Energien, das hat man auch in Deutschland erlebt, wird kurzfristig, vielleicht sogar mittelfristig Jobs kosten – das gehört zur Realität dazu. Einer von Bidens ersten Beschlüssen war der Stopp der Pipeline Keystone XXL, danach waren 1000 Arbeiter ihren Arbeitsplatz los.

Und anders als bei den Rettungspaketen gegen die Covidkrise ist der Erfolg von Klima-Maßnahmen nicht unmittelbar sichtbar. Vom erfolgreichen Impfprogramm etwa kann sich jeder in den USA überzeugen. Doch Investitionen in grüne Energie und nachhaltige Innovationen werden sich womöglich erst in Jahren oder Jahrzehnten auszahlen.

Zum anderen gibt es starke Vorbehalte gegen Ökomodelle in Wirtschaft und Alltag. Trump wurde unter anderem deshalb gewählt, weil er Kohle und Öl schützte. Auch wenn er inzwischen nicht mehr im Weißen Haus, sondern in Florida wohnt, bleiben die USA gespalten.

USA müssen sich ihr Vertrauen verdienen

Sie sind das Land der Innovationen, und die USA werden alles daransetzen, den globalen Markt um Batterien, Biotechnologie, Halbleiter, Chips und saubere Energie nicht China zu überlassen. Das sieht man daran, dass bereits Hunderte US-Konzerne freiwillig nachhaltig operieren, ganz unabhängig von der Politik.

Aber die USA sind auch das Land, in dem man nach einem Frühstück im Hotel erst mal einen Berg Plastikgeschirr zum Müll trägt. Die Klimaanlagen rauschen ohne Unterbrechung, manche Haushalte haben zwei, drei oder vier Autos. Die üppigen Subventionen für fossile Energien kann nur der Kongress abschaffen – doch viele Bundesstaaten sind von Kohle und Öl abhängig.

Die Vereinigten Staaten werden sich das Vertrauen der Welt, dass sie wirklich eine Führungsrolle im Kampf gegen den Klimawandel übernehmen wollen, erst verdienen müssen. Niemand kann garantieren, dass nicht ein anderer Präsident im Jahr 2024 die bisherigen Mühen wieder rückgängig macht.

Schon im kommenden Jahr, wenn die Zwischenwahlen über die Mehrheiten im Kongress entscheiden, könnte Biden ausgebremst werden. Nur eine Stimme mehr im US-Senat, und die Republikaner halten dort wieder die Mehrheit.

Insofern muss man den Klimagipfel, so gut gemeint er auch ist, als Momentaufnahme betrachten. Vielleicht ist die Konferenz die beste Chance für schnelle Fortschritte. Auch weil der Druck einer globalen Öffentlichkeit, vorangetrieben von jungen Protestbewegungen, wächst.

Verwandte Themen USA Umweltschutz Klimawandel

Aber der Rest der Welt sollte nicht darauf warten, dass die USA politisch dauerhafte Maßnahmen verankern. Die Initiative der USA kann ein Anstoß sein, befreit andere Nationen aber nicht von ihrer Verantwortung für den Planeten.

Mehr: USA melden sich im Kampf gegen Erderwärmung zurück

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