Kommentar Die KP dringt sogar bis in Chinas Kinderzimmer vor

Ideen und Glaubenssätze des Staatschefs müssen gelernt werden.
Erst waren die Unternehmen dran, jetzt folgt die Gesellschaft. Mit einem Feuerwerk an neuen Vorschriften hat die Kommunistische Partei (KP) in den vergangenen Monaten ihren Eingriff tief in alle Lebensbereiche der chinesischen Bevölkerung ausgeweitet.
So wird jetzt etwa nicht mehr von den Eltern geregelt, wie lange und wann Jugendliche Online-Computerspiele zocken dürfen – der Staat schreibt es nun vor. Er will auch mehr Einfluss darauf nehmen, wie Jungen in der Volksrepublik erzogen werden.
Zu feminin seien die nämlich, urteilte das Bildungsministerium jüngst. Sie sollten in der Schule mehr „männliche Sportarten“ ausüben, so die Anweisung. „Unmännliche“ Prominente sollen weniger Platz in den sozialen Medien haben.
Die Botschaft dahinter: Xi Dada (Onkel Xi), wie Staats- und Parteichef Xi Jinping im Volksmund genannt wird, sorgt dafür, dass es den Chinesen gut geht, denn er weiß es am besten. Xi und die KP unterstreichen damit ihren allumfassenden Machtanspruch.
Dazu gehört auch, dass in der Bildung von Kindern und jungen Erwachsenen die Parteiideologie in den vergangenen Jahren immer größeren Raum eingenommen hat. Seit diesem Monat müssen Schüler und Studenten verpflichtend die „Gedanken von Xi Jinping“ lernen – Ideen und Glaubenssätze, die Xi zugeschrieben werden und Teil des immer weiter zunehmenden Personenkults um Chinas stärksten Anführer seit Mao Zedong sind.
Immer neue Vorschriften von Chinas Führung
Die Eingriffe des Staates im alltäglichen Leben sind in China schon seit Langem deutlich ausgeprägter als in Ländern wie Deutschland. Dazu gehören das immer engmaschiger werdende Zensursystem, mit dem die KP bestimmt, was chinesische Bürger lesen, welche Filme sie schauen und was sie öffentlich sagen dürfen.
Jüngst gab das Kulturministerium auch verbindliche neue Vorschriften für Künstler, die in der Volksrepublik arbeiten, bekannt. Eine davon lautet „das Vaterland lieben und die Linie und Politik der Partei unterstützen“.
Es sind oft aber auch banale Dinge, in denen die KP die Bürger Chinas gängeln will. So werden sie im Alltag immer wieder zu „zivilem Verhalten“ aufgefordert: nicht spucken, nicht laut sein, nicht rauchen. Eine Stadtregierung ging vor nicht allzu langer Zeit sogar so weit, dass sie Menschen, die auf der Straße Pyjamas trugen – in manchen Teilen Chinas gar nicht so selten – per Videoüberwachung ausfindig machte und ihnen wegen ihres unangebrachten Outfits eine Strafe aufbrummte.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Partei unter Xi ihren Einfluss in den kommenden Jahren immer weiter ausweiten wird. Die Frage wird sein, wo sie zu weit geht und die Grenze des Erträglichen überschreitet. Erste kleine Anzeichen für einen steigenden Unmut gibt es bereits.
Mehr: Alles unter Kontrolle: Wie die KP in China Wirtschaft und Gesellschaft beherrscht
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.