Kommentar Die Kunden können den Handel zu mehr Klimaschutz zwingen

Wer auf Verdacht fünf Teile bestellt und davon vier zurückschickt, macht den Klimavorteil des E-Commerce schnell wieder zunichte.
Manchen Shopper mag es positiv überraschen: Die Klimabilanz des Onlinehandels ist deutlich besser als landläufig vermutet. Eine aktuelle Studie zeigt, dass die Kohlendioxidemissionen im stationären Handel im Schnitt sogar mehr als doppelt so hoch sind wie im E-Commerce.
Besonders deutlich sind die Unterschiede im Modehandel. Dort werden die Waren in den Geschäften gern auf verschwenderisch großen Verkaufsflächen präsentiert, deren Klimabilanz durch Heizung und Beleuchtung geradezu beängstigend ist. Wenn ein Kunde in Deutschland einen Modeartikel im Laden kauft, verursacht er im Schnitt mehr als 4000 Gramm Kohlendioxid-Äquivalente. Erwirbt er ihn online, sind es nur knapp über 1000 Gramm.
Ein Freifahrtschein für hemmungsloses Bestellen über das Internet ist das jedoch keineswegs. Auch bei diesem Thema lohnt sich ein genauer Blick auf die Details. Denn diese Zahlen sind Durchschnittswerte, die ganz entscheidend vom Verhalten der Kunden beeinflusst werden. Wer auf Verdacht fünf Teile bestellt und davon vier zurückschickt, macht den Klimavorteil des E-Commerce schnell wieder zunichte.
Wer im Gegenzug mit den öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Fahrrad zum Shopping in die Innenstadt fährt, hat schon viel dazu beigetragen, den Einkauf umweltverträglicher zu gestalten, macht doch die Anfahrt zum Geschäft rund 30 Prozent der CO2-Emissionen aus.
Wer dann noch bevorzugt bei umweltbewussten Händlern kauft, die beispielsweise ihren Strom mit Photovoltaikanlagen selbst erzeugen oder bei der Produktion auf Klimaschutz achten, kann ebenfalls sein Gewissen beruhigen.
Umsatzverluste sind Argument für das Umdenken
Die Beispiele zeigen: Es ist nicht sinnvoll, beim Klimaschutz den E-Commerce gegen das Shopping in der Innenstadt auszuspielen. Im Gegenteil, eine enge Kooperation und ein Verschmelzen der Kanäle ist die beste Methode, um die Umwelt zu bewahren.
Wer schon auf der Internetplattform sehen kann, was wo verfügbar ist, fährt nicht umsonst in die Stadt, weil das gewünschte Produkt mal wieder im Geschäft vergriffen ist. Und wenn Onlinehändler dem Kunden die Möglichkeit geben, in seiner Nähe das eine oder andere Produkt anprobieren zu können, reduzieren sie die Retourenquote.
Wenn Kunden diese Services gezielt nutzen und sich bei jedem Kauf nicht nur Gedanken machen, was sie kaufen, sondern auch wie und wo – dann haben sie einen riesigen Hebel, Klimaschutz im Handel zu fördern. Denn dann werden auch andere Händler schneller nachziehen. Umsatzverluste sind immer noch das beste Argument für ein Umdenken.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.