Kommentar Die Managerhaftpflicht ist dringend reformbedürftig

Zwei ehemalige Topmanager, für deren Fehlentscheidungen die Manager-Haftplicht ordentlich zur Kasse gebeten wurde.
München An prominenten Namen mangelte es zuletzt nicht. Für unternehmerische Fehlentscheidungen der ehemaligen Volkswagen- und Audi-Chefs Martin Winterkorn und Rupert Stadler musste die Managerhaftpflicht des Konzerns einspringen, ebenso bei Bilfinger für den ehemaligen Chef Roland Koch.
Nun müssen die Versicherer auch für die Verteidigungskosten von Ex-Wirecard-Chef Markus Braun aufkommen. Und es ist offensichtlich, dass die Liste um weitere prominente Namen ergänzt wird, sollten in geraumer Zeit die Auswirkungen unternehmerischer Entscheidungen in der Coronakrise absehbar sein.
Die großen Probleme, die die Versicherer bisher schon mit der sogenannten Directors & Officers Liability Insurance, kurz D+O, hatten, dürften da noch sehr viel größer werden. Zur Erinnerung: Die D+O-Versicherung war einst die Sicherheit für den Konzern, sollte ein Top-Manager die Kasse plündern oder juristisch fragwürdige Geschäfte eingehen.
Genau da liegt heute der Unterschied. Inzwischen wird die Managerhaftpflicht bei Reputationsschäden ebenso herangezogen wie bei möglichen Umwelt- und Cyberschäden oder Wertpapier-Sammelklagen.
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Prozessfinanzierer locken Investoren an
Dazu scharen Prozessfinanzierer besonders in den USA, Australien und Großbritannien vermeintlich geprellte Anleger um sich, um gemeinsam hohe Ansprüche aus der Managerhaftpflicht geltend zu machen. Immense Prämieneinnahmen von weltweit mehr als 15 Milliarden Dollar pro Jahr stehen bei den Versicherern somit Schadenszahlungen gegenüber, die den Bereich bei vielen Anbietern seit Jahren in die roten Zahlen treiben.
Eine Reform des Sektors ist deswegen dringend nötig. An deren Spitze sollte die Frage stehen, für was ein Top-Manager überhaupt verantwortlich gemacht werden kann. Die aktuelle Auslegung dieser Frage lautet: für alles. Dadurch, dass das Spektrum an Verantwortung in den vergangenen Jahren aber immens zugenommen hat, ist dies gar nicht mehr bis ins Detail möglich.
Im Einzelfall sollte so zumindest immer geprüft werden, ob das Top-Management tatsächlich für Schäden durch einen Cyberangriff oder die Missachtung ökologischer oder sozialer Standards in fernen Ländern verantwortlich gemacht werden kann. Hier stellt sich die Haftungsfrage nur dann, wenn tatsächlich eine direkte Verbindung für eine bestimmte Entscheidung zum jeweiligen Top-Manager hergestellt werden kann.
Die Versicherungsverträge zwischen beiden Seiten müssen hier bei der jährlichen Erneuerung kräftig nachjustiert werden. Generell sollte die Managerhaftpflicht wieder zu ihrem Ursprung zurückkehren. Sie sollte dann greifen, wenn ein Manager in betrügerischer Absicht ein Unternehmen schädigt oder ihm durch strategische Fehlentscheidungen einen schweren Nachteil zufügt. Bei nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Mehr: OLG-Urteil – Versicherer muss Anwaltskosten von Markus Braun bezahlen
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