Kommentar Die Partnerschaft mit Kanada wird unterschätzt – zu Unrecht

Gegen das Ceta gibt es innerhalb der EU viel Widerstand.
In Zeiten der unberechenbaren Trump-Regierung in den USA kann Europa andere Verbündete jenseits des Atlantiks gut gebrauchen. Kein Wunder also, dass EU-Ratspräsident Tusk gerade beim Treffen mit Premier Trudeau Kanada als „unseren engsten transatlantischen Partner“ bezeichnete.
So hat das nach einigen Geburtswehen vorläufig in Kraft getretene Freihandelsabkommen Ceta den bilateralen Handel spürbar belebt, wobei die europäischen Exporte nach Kanada stärker stiegen als umgekehrt. In vielen Feldern sind die EU und Kanada einig, etwa im Kampf für ein regelgeleitetes multilaterales Handelssystem und gegen Protektionismus à la Trump.
Kanada bekennt sich zum Pariser Klimaabkommen, ist offen für Migranten und nimmt Flüchtlinge auf. Bei den Konfliktherden in der Ukraine, in Venezuela, Syrien oder im Iran ziehen beide Seiten an einem Strang. Dennoch ist die Partnerschaft, die oft mit „wohlwollender Vernachlässigung“ umschrieben wird, ausbaufähig.
Dass etwa noch nicht alle EU-Länder Ceta ratifiziert haben, sorgt in Kanada für Enttäuschung. Die wissenschaftliche, technische und kulturelle Zusammenarbeit funktioniert, sollte aber weiter gestärkt werden. Mit Umwelttechnologie kann Europa den Umbau der stark auf fossilen Rohstoffen basierenden Volkswirtschaft Kanadas fördern.
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Die EU muss aber auch an der Seite ihres Partners stehen, wenn dieser Prügel bezieht. Als Kanada für saudische Menschenrechtsaktivisten eintrat und dafür von Riad gescholten wurde, hätte man sich mehr Unterstützung etwa von Deutschland erhofft.
Europa sollte Kanada auch stärker und offensiver in seine Initiativen auf internationaler Ebene einbeziehen. Kanada wird nicht zu allem Ja sagen können. Es muss Rücksicht auf den großen Nachbarn im Süden nehmen. Und die Europäer werden die Beziehungen zu den USA nicht durch engere Bande zu Kanada ersetzen können. Aber sie könnten durchaus noch mehr tun, um das kanadisch-europäische Verhältnis zu pflegen.
Mehr: Mit welchen Staaten die EU außerdem noch Freihandelsabkommen plant.
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