Kommentar Die Schonfrist für Daimler-CEO Ola Källenius ist vorbei

Die Botschaft des Daimler-Chefs: Hinter dem Unternehmen liege zwar ein Horrorjahr, jetzt gehe es aber aufwärts.
Gigantische 6,7 Milliarden Euro an Sondereffekten lasten auf dem Betriebsergebnis von Daimler. Darin enthalten sind Geldbußen und Aufwendungen im Dieselskandal, Abschreibungen für die Einstellung der X-Klasse, Restrukturierungskosten beim Carsharing oder Rückrufe wegen mangelhafter Airbags von Takata.
Klammere man diese Einmalzahlungen aus, liege das operative Ergebnis des Mercedes-Herstellers bei 10,3 Milliarden Euro, betonte der Konzern bei der Vorlage der Bilanz mehrfach. Doch bei Daimler sind hohe Sondereffekte leider nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel. Immer wieder schockierten die Stuttgarter in den vergangenen Jahren den Kapitalmarkt mit unerwarteten Belastungen.
2019 waren die so hoch, dass das Konzernergebnis um fast zwei Drittel auf 2,7 Milliarden Euro einbrach. Der seit Mai 2019 amtierende Daimler-Chef Ola Källenius spricht nun von einem „Wendepunkt“ des Konzerns. Seine Botschaft: Die Marke mit dem Stern hat die Talsohle durchschritten. Hinter dem Unternehmen liege zwar ein Horrorjahr, jetzt gehe es aber aufwärts.
Mitarbeiter und Aktionäre sollten Källenius nun beim Wort nehmen. Es darf keine Ausreden mehr geben. Daimler muss nun sukzessive liefern, den Sparplan exekutieren, die angekündigte Elektrooffensive auf die Straße bringen und seine Skaleneffekte endlich in gute Ergebnisse ummünzen. Die Schonfrist für das Team von Källenius ist vorbei.
Jede weitere Gewinnwarnung wäre ein Desaster
Einer der Hauptverantwortlichen für die Misere von Daimler ist zwar Ex-Chef Dieter Zetsche. Doch nach einem Dreivierteljahr im Amt gilt es nun, auch seinen Nachfolger Källenius in die Pflicht zu nehmen. Zumal der 50-jährige Schwede die Latte für die kommenden Jahre reichlich tief angesetzt hat.
Für 2020 prognostiziert er lediglich eine bereinigte Umsatzrendite von bis zu fünf Prozent in der Auto- und Vansparte Mercedes und fünf Prozent bereinigte Marge beim Geschäft mit schweren Trucks und Bussen. Der Zusatz „bereinigt“ zeigt schon, wie ambitionslos der Ausblick in Stuttgart ist.
Aufgrund der immensen Risiken, die den Konzern nach wie vor lähmen, hofft man durch die Einschränkungen, bei der Marge auf der sicheren Seite zu sein, und will ein trauriges Schema in der Finanzmarktkommunikation umkehren. In der Vergangenheit hat Daimler oft viel versprochen und dann wenig gehalten. Nun stapelt man offenbar bewusst tief, um – wenn überhaupt – positiv überraschen zu können.
Sicher ist: Nach drei Ergebniskorrekturen binnen weniger Monate wäre jede weitere Gewinnwarnung bei Daimler ein Desaster. Der Konzern muss seine Prognose unbedingt halten, sonst wird es für Källenius eng. Übertrifft er sie, könnte er nach einem schwachen Start eine neue Ära einläuten.
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