Kommentar: Die Staatsgläubigkeit nimmt bedenkliche Formen an

Es mehren sich die Stimmen, die eine „neue Normalität“ staatlichen Krisenmanagements diagnostizieren.
Die Koordinaten scheinen ein wenig zu verrutschen in diesen Pandemiezeiten. Rechtsextreme entdecken ihre Liebe zu bürgerlichen Freiheitsrechten. Die Schauspielerprominenz des Landes wähnt sich in einem autoritären System, in dem die Mainstreammedien als Handlanger der Kanzlerin agieren. Für andere wiederum gilt der Staat plötzlich als Allheilmittel zur Lösung aller zeitgenössischen Probleme.
Die ersten beiden Phänomene mögen vorübergehender Natur und der Ausnahmesituation geschuldet sein, die wir derzeit erleben. Letzteres dagegen droht ein bleibender Faktor zu werden. Schon während der Finanzkrise spielte der Staat samt Notenbanken die Rolle des Retters letzter Instanz. Die Pandemie hat diesen Trend verstärkt und ungeahnte Handlungs- und Restriktionsenergien der öffentlichen Hand freigesetzt. Der Staat schränkt – manchmal recht leichtfertig – Grundrechte ein. Er rettet – manchmal etwas willkürlich – Unternehmen oder gleich die ganze Wirtschaft. Und er gibt dabei gigantische Summen aus.
Die Vorstellung eines rettenden und intervenierenden Staates hat nicht nur in Europa Konjunktur. Spätestens seit Joe Biden Präsident ist, gilt das auch für die USA, wo „Big Government“ eigentlich immer etwas Unappetitliches hatte. Nach Jahrzehnten der Marktgläubigkeit ist der Staat zurück – und zwar mit Macht.





