Kommentar Die Übernahme von Engel & Völkers zeigt den digitalen Nachholbedarf der Immobilienbranche

Gemeinsam mit dem neuen Partner Permira will das Maklerhaus die Digitalisierung voranbringen.
Es ist ein kleiner Scoop für die Beteiligungsgesellschaft Permira. Mit dem Einstieg bei Engel & Völkers sichert sich der Finanzinvestor den Zuschlag für die Mehrheit an einem der bekanntesten deutschen Immobilienmakler. Das ist gleich aus zwei Gründen interessant.
Der erste: Engel & Völkers ist ein Familienunternehmen. Die Tatsache, dass Firmenpatriarch Christian Völkers an Permira verkauft, ist ein weiteres Signal dafür, dass Private Equity 16 Jahre nach dem „Heuschrecken“-Diktum des damaligen SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering salonfähig geworden ist. Auch der deutsche Mittelstand hat längst erkannt, dass die Finanzinvestoren wertvolle Partner bei der Lösung von Nachfolgeproblemen und der Transformation von Geschäftsmodellen sein können.
Damit wären wir auch schon beim zweiten Punkt: Wie quasi jede Branche ringt auch die Immobilienbranche mit der Digitalisierung, und das gilt nicht nur für den Massenmarkt, sondern auch für das gehobene Segment, in dem sich Engel & Völkers zu Hause fühlt. Offenbar ist der Hamburger Makler zu dem Schluss gekommen, dass der nächste Schritt bei der technologischen Transformation sehr viel leichter mit fremder Hilfe zu bewältigen ist als mit den begrenzten eigenen Kräften. Diese Erkenntnis ist den Eigentümern und dem Management sicherlich nicht leichtgefallen – aber sie dürfte richtig sein.
Pionier unter den digitalaffinen Immobiliendienstleistern – Proptechs genannt – ist in Deutschland ohne Zweifel Scout24 mit der Onlineplattform Immoscout24. Aber anders als in der Finanzbranche, wo junge aufstrebende Technologiefirmen für einen regelrechten Innovationsschub gesorgt haben, sind solche Neugründungen im Immobilienbereich noch vergleichsweise selten.
Viele Start-up-Gründer haben lange einen Bogen um die Branche gemacht – zu fragmentiert der Markt, zu starr die Strukturen. Das ändert sich zwar allmählich, aber die Fortschritte sind mühsam, etwa jede dritte Neugründung, die vor allem auf digitale Lösungen setzt, erzielte 2020 einen mageren Jahresumsatz von unter 10.000 Euro.
Die Probleme der jungen Tech-Firmen spiegeln die Probleme wider, mit denen die gesamte Branche bei der Digitalisierung kämpft. Da könnte die Partnerschaft mit Permira für Engel & Völkers gerade recht kommen. Immerhin sind die Finanzinvestoren auch an der New Immo Group beteiligt, einem der größeren digitalen Spieler am französischen Immobilienmarkt.
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