Die US-Wahlen und das Ende des Harris-Hypes
Es ist nicht lange her, da schien die US-Präsidentschaftswahl aus Sicht vieler Republikaner gelaufen. Nach dem Rückzug Joe Bidens war Donald Trump mit seinen 78 Jahren plötzlich der Alte. Er schien ratlos, als ihm sein noch älterer Kontrahent, den er gerne als „Sleepy Joe“ verspottet hatte, abhandengekommen war.
Ausgerechnet Trump, der die einst so stolze republikanische Partei feindlich übernommen und seither zu seinem Wahlverein degradiert hatte, sprach von einem „Putsch bei den Demokraten“. Es klang nach Verzweiflung.
Dazu kam noch die Euphorie, die Harris auf dem Nominierungsparteitag der erschlafften Demokraten entfachen konnte. Und schließlich die TV-Debatte, die Trump schlecht gelaunt, irritiert und ziemlich gestrig, Harris dagegen schlagfertig, fachlich kompetent und sympathisch aussehen ließ.
Zukunft gegen Vergangenheit, Jung gegen Alt, Strafverfolgerin gegen erstinstanzlich verurteilten Delinquenten – eine bessere Ausgangssituation kann sich ein Wahlkampfteam aus Sicht der Demokraten nicht wünschen.
Und doch ist das Rennen völlig offen. Mehr noch: Trump hat in den vergangenen Wochen gewaltig an Boden gutgemacht, er scheint das Momentum auf seiner Seite zu haben. Trotz aller offensichtlichen Unwahrheiten, die er erzählt, trotz allen Unsinns, den er von sich gibt und trotz oder vielleicht sogar wegen seiner zunehmend beißenden Polemik, die den politischen Diskurs in diesem Wahlkampf vergiftet.
