Kommentar Die zweite Welle von Tech-Börsengängen muss besser sein als die erste

Tech-Aktien waren vorige Woche unter Druck geraten.
Lange war es still um die Börsenpläne der Einhörner aus dem Silicon Valley. Die größten Start-ups, die mit weit mehr als einer Milliarde Dollar bewertet sind, hätten eigentlich schon längst an der Wall Street sein wollen. Doch das Timing stimmte einfach nicht. Erst drückten die gefloppten Börsengänge von Uber und Lyft auf die Stimmung der Investoren. Dann kam die Coronakrise, die die Aktienmärkte im Rekordtempo einbrechen ließ.
Jetzt – hoffentlich – ist der Moment gekommen. Der Leitindex S&P 500 und die Technologiebörse Nasdaq erholten sich rasant und kletterten auf neue Rekorde. Der Kurzsturz von Donnerstag und Freitag vergangener Woche entpuppt sich hoffentlich nur als kleine Korrektur.
Doch selbst wenn sich die Märkte schnell wieder stabilisieren: Es ist keineswegs garantiert, dass die zweite Welle von Tech-Börsengängen besser bei den Investoren ankommt als die erste. Die Techfirmen konnten viele Jahre behütet im Schutz der privaten Märkte wachsen. Mit ihrem Fokus auf Größe statt Profitabilität haben sie es geschafft, schwindelerregende Bewertungen zu erzielen. Doch den Härtetest an der Wall Street haben auch schon vor Corona längst nicht alle gehypten Firmen aus dem Silicon Valley bestanden.
Anleger sind daher zu Recht skeptisch. Palantir ist mit 17 Jahren das älteste Unternehmen aus Amerikas Innovationszentrum, das an die Börse will. Doch die umstrittene Datenanalysefirma hat noch nie Gewinn gemacht. Auch Airbnb, von der Coronakrise stark betroffen, ist nicht profitabel. Die Bewertung brach bei der jüngsten Finanzierungsrunde im April um 42 Prozent auf 18 Milliarden Dollar ein.
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Die Start-ups haben seit dem vergangenen Jahr gemeinsam mit ihren Geldgebern und Börsenbetreibern nach Wegen gesucht, um den Börsenstart einfacher und – für sie – lukrativer zu machen. Palantir und Asana haben sich für Direktplatzierungen entschieden, bei denen die Aktien nicht zuerst an Investoren verkauft werden, sondern direkt an den Markt kommen. Eine neue Version der Direktplatzierungen ist derzeit mit der Börsenaufsicht im Gespräch. Airbnb hatte auch den Börsengang über die Fusion mit einem gelisteten Mantelunternehmen durchgespielt (Spac), sich dann doch dagegen entschieden.
Es ist gut, dass über verschiedene Optionen diskutiert wird, um den Gang an die Börse zu erleichtern. Doch das sollte die Start-ups nicht vom Wesentlichen ablenken: Wer als börsennotiertes Unternehmen langfristig erfolgreich sein will, der braucht ein funktionierendes Geschäftsmodell. An der Börse tummeln sich bereits viele erfolgreiche Tech-Unternehmen, die bereits bewiesen haben, dass sie Geld verdienen können. Die Einhörner müssen daher besser denn je begründen, warum die Investoren ihre Aktien kaufen sollen.
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