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Kommentar Diess hat sich verzockt – das Machtvakuum an der Spitze von VW hat sich so vergrößert

Die verhärteten Machtpositionen im Konzern sorgen für immer neue Konflikte. Doch ein Machtkampf, der nur Verlierer kennt, beschädigt am Ende Volkswagen.
15.12.2020 - 17:53 Uhr 1 Kommentar
Quelle: Kostas Koufogiorgos
Karikatur
(Foto: Kostas Koufogiorgos)

Hochrote Köpfe bei den Vertretern von Vorstand und Betriebsrat, die sich gegenseitig vorwerfen, dass die jeweils andere Partei nur an ihr eigenes Wohl denke. So sieht es aus, wenn sich die Mächtigen von Volkswagen um die Zukunft des Autobauers balgen. Die Mitglieder der Familie Porsche/Piëch und der Landesregierung von Niedersachsen im Aufsichtsrat schauen dem Treiben eher hilflos zu. So war es auch beim jüngsten Konflikt, der am Montagabend ein vorläufiges Ende fand.

Nach wochenlangem Gezerre und gegenseitigen Schuldzuweisungen nickte der Aufsichtsrat die überfällige Neubesetzung von drei Vorstandsposten ab. Beschlossen wurden auch weitere Einsparungen und die Umstellung der Produktion im Stammwerk Wolfsburg von Verbrennern auf Elektroautos. Es ist ein Kompromiss, den alle Seiten im Anschluss an die Aufsichtsratssitzung als beste aller Lösungen verkauften. Doch diesmal offenbarte der Streit zentrale Schwachpunkte beim größten Autobauer der Welt.

Investoren und interessierte Zuschauer sind an harte Auseinandersetzungen im Hause Volkswagen gewöhnt. Der größte Industriekonzern Europas ticke nun einmal nach seinen eigenen Gesetzen, ist die Annahme. Das aber ist ein Irrglaube.

Zugegeben: Um den richtigen Weg zu finden, in dieser Welt im Wettbewerb zu bestehen, lohnt es sich zu streiten. VW hat mit dieser Kultur in der Vergangenheit gute Lösungen gefunden. Die Auseinandersetzungen waren mitunter hart und langwierig. Am Ende standen aber Lösungen, in denen alle Interessen vereint waren.

Schneller als ihre Wettbewerber konnte die Gesellschaft dann mit der Umsetzung beginnen. Bei Daimler etwa kommt erst das Machtwort aus dem Vorstand, dann beginnt die Diskussion in den nachgeordneten Hierarchien, wie der neue Kurs denn tatsächlich gesetzt wird. Beide Wege führen zum Erfolg, was sich an den guten Bilanzen der beiden Hersteller ablesen lässt. Aber der zuletzt bei Volkswagen ausgefochtene Konflikt unterscheidet sich grundlegend von früheren Auseinandersetzungen.

Diess hat das Machtvakuum vergrößert

Dieses Mal ging es nicht um das Wohl des Unternehmens, dieses Mal ging es um persönliche Interessen. Der am Montag beschlossene Kompromiss liegt dem Aufsichtsrat schon seit Tagen beschlussreif vor. VW-Chef Herbert Diess aber hat die Entscheidung blockiert, indem er auf einer vorzeitigen Verlängerung seines Vorstandsvertrags bestanden hat.

Der 62-Jährige hat noch einen Kontrakt bis April 2023. Diess verlangte aber einen neuen Vertrag, der ihm den Verbleib bis zum Jahr 2025 ermöglicht hätte. Begründet hat er seine Forderung damit, dass er damit ein starkes Mandat für den weiteren Umbau von VW erhalten würde. Behindert sieht er sich dabei vor allem von Betriebsratschef Bernd Osterloh. Es geht diesmal nicht um Reformer gegen Blockierer, sondern allein um die Machtfrage.

VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh (links) und Herbert Diess streiten um die Vorherrschaft im Konzern. Quelle: dpa
Rivalen in Wolfsburg

VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh (links) und Herbert Diess streiten um die Vorherrschaft im Konzern.

(Foto: dpa)

Diess hat bereits einen Vertrag für die kommenden zweieinhalb Jahre und damit schon ein starkes Mandat. Die vorzeitige Verlängerung seines Vertrags hat er nicht bekommen. Er musste verzichten, sonst hätte ihn der Aufsichtsrat letztlich aus dem Unternehmen drängen müssen. So gesehen hat sich Diess mit seiner Forderung schlicht verzockt. Jeder im Unternehmen weiß das, gerade unter den Führungskräften dürfte das seiner Durchsetzungsfähigkeit nicht helfen.

So ist das Machtvakuum an der Spitze von Volkswagen erkennbar größer geworden. Gerade in dem sich verändernden Automobilmarkt ist das eine Schwächung, die sich der weltgrößte Hersteller da erlaubt.

Keine wettbewerbsfähige Machtstruktur im Konzern

Durch sein Beharren auf einen neuen Vertrag hat Diess zugleich die Machtstrukturen des Unternehmens offengelegt. Günstig sind diese nicht. Erkennbar ziehen die Familie Porsche/Piëch und das Land Niedersachsen als Großaktionäre, das Management und der Betriebsrat nicht an einem Strang.

Deutlich wird dies an der Vorstandsbesetzung: Neu in das Gremium aufrücken werden Arno Antlitz (Finanzen), Murat Aksel (Einkauf) und Thomas Schmall (Technik). Während die beiden ersten Manager intern dem Gefolge von Diess zugerechnet werden, gilt Schmall als Zögling Osterlohs. Es ist ein Lagerdenken, bei dem die Befähigung der drei Führungskräfte für die jeweiligen Ressorts ausgeblendet wird. Schon vor ihrem ersten Tag im Vorstand sind Antlitz, Aksel und Schmall so beschädigt.

Bei den verkanteten Machtverhältnissen finden die Beteiligten nur Lösungen nach dem Basar-Prinzip: Kommst du mir entgegen, dann komme ich dir an anderer Stelle entgegen. Gelernt hat VW dies unter den Ex-Chefs Ferdinand Piëch und Martin Winterkorn. Diese Logik ist aber in einer globalisierten Wirtschaft überholt.

Gefragt sind nun die Eigentümer. Sie müssen sich – trotz gegenteiliger Interessen – für eine gemeinsame Position entscheiden und dabei Betriebsrat und Management einbinden. VW wird sich sonst in den sich schnell verändernden Marktverhältnissen schwertun.

Mehr: VW-Chef Diess verzichtet auf vorzeitige Vertragsverlängerung

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1 Kommentar zu "Kommentar: Diess hat sich verzockt – das Machtvakuum an der Spitze von VW hat sich so vergrößert"

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  • Die Entscheidung Wolfsburg auf E-Autos umzustellen wird den Herrschaften noch einmal bitter böse aufstoßen. Das wir VW viel, viel Geld kosten. Gut daß ich keine VW Anteile habe und wohl die nächsten Jahre auch keine kaufen werde. Es funktioniert nicht jeder Mode hinterher zu rennen. Mir tun dei Beschäftigten unter so einem Sch...Management leid.

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