Kommentar: Drohnenalarm – Deutschlands Himmel ist schutzlos


Die jüngsten Drohnenüberflüge über Flughäfen und kritischer Infrastruktur sind kein Zufall. Sie sind ein Test, und Russland ist der wahrscheinlichste Urheber. In mehreren Nato-Staaten wurden verdächtige Fluggeräte gesichtet, die offenbar gezielt sensible Ziele anflogen. Auch Deutschland ist betroffen, doch die Reaktion bleibt defensiv. Es wird geredet, geprüft, koordiniert – aber nicht gehandelt.
Dass Innenminister Alexander Dobrindt jetzt ein Drohnenabwehrzentrum ankündigt, das Kompetenzen bei Bundespolizei, Zoll, Bundeskriminalamt und Länderbehörden bündeln und bessere Analysen ermöglichen soll, ist immerhin ein erster Schritt in die richtige Richtung. Zugleich zeigt dies aber auch: Deutschland hat bislang keine wirksame Abwehr gegen unbemannte Flugobjekte.
Polizei, Bundeswehr und Nachrichtendienste arbeiten nebeneinander statt miteinander. Zuständigkeiten sind unklar, die technische Ausstattung ist lückenhaft. Die Bundeswehr darf im Inland kaum eingreifen, die Polizei verfügt nicht über effektive Systeme zur Neutralisierung kleiner oder höher fliegender Drohnen.
Russland hat das erkannt. Die Überflüge sind Teil der hybriden Kriegsführung gegen Europa. Sie dienen dem Kreml zur Aufklärung, zur Provokation, und sie sollen Angst und Unsicherheit in der Bevölkerung erzeugen.
Jeder unterbrochene Flugbetrieb, jedes abgeschaltete Kraftwerk, jede behördliche Unsicherheit ist ein Signal nach außen: Der Westen ist anfällig. Deutschland besonders, weil es auf diesem Feld zu spät investiert und zu vorsichtig die Befugnisse der Sicherheitsbehörden und der Bundeswehr erweitert hat.
Dabei sind Drohnen längst keine Zukunftswaffe mehr, sie sind Realität. Sie lassen sich leicht beschaffen, technisch modifizieren und fernsteuern. Ihre Erkennung ist schwierig, ihre Abwehr komplex. Experten fordern seit Jahren kombinierte Systeme aus Radar, Störsendern und Laserabwehr – doch die Beschaffung kommt kaum voran. Währenddessen warnen Industrie und Sicherheitskreise, dass kritische Infrastruktur ungeschützt bleibt.






Die Debatte über eine bessere Drohnenabwehr ist überfällig, doch sie darf sich nicht im Klein-Klein und vor allem nicht in Koalitionsstreitigkeiten verlieren. Deutschland braucht endlich verbindliche Zuständigkeiten und eine klare rechtliche Grundlage für den Einsatz der Bundeswehr im Innern. Gut, dass sich hier Dobrindt und sein Amtskollege, Verteidigungsminister Boris Pistorius, bereits einig sind.
Denn geschieht weiterhin nichts, bleibt Deutschland ein leichtes Ziel. Wer in unseren Luftraum eindringt, weiß das längst. Drohnenabwehr ist daher keine Option, sondern eine zwingende Notwendigkeit. Deutschland darf nicht länger zusehen, wie Russland unsere Schutzlücken vermisst.
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