Kommentar Ein grün-rot-rotes Bündnis wäre für die Wirtschaft der größte anzunehmende Unfall

Wenn eine Partei zu lange regiert, schadet das dem Land, und es schadet der Demokratie. Regieren wird als selbstverständlich gesehen, Trägheit entsteht, Reformmüdigkeit. Zugleich macht sich gefährliches Anspruchsdenken breit.
All diese Merkmale lassen sich nach 16 Jahren Regentschaft bei der Union feststellen. Die CDU wirkt spätestens seit Beginn der zweiten Corona-Welle ausgebrannt – und das, obwohl anders als nach 16 Jahren Helmut Kohl ein Nachfolger für die Kanzlerin bereitsteht.
Alle anderen Parteien wittern deshalb ihre Chance. Das bis vor Kurzem Undenkbare scheint möglich: dass nach Schwarz-Rot, Schwarz-Gelb, Schwarz-Rot, Schwarz-Rot „die Schwarzen“ der nächsten Regierung nicht angehören.
Gerade eine Koalition aus Grünen, SPD und FDP regt die Fantasie an. Doch wer von der Ampel als Erneuerungsbündnis träumt, könnte am Ende mit einem Linksbündnis aufwachen. Aus Sicht der Wirtschaft wäre das der größte anzunehmende Unfall.
Durch Merkels Abgang, die ungeklärten Führungsfragen und das schlechte Corona-Management bietet die Union dem linken Lager eine Gelegenheit, die die drei Parteien mit dem sozialdemokratischen Zeitgeist im Rücken eigentlich nutzen müssten.
Wenn dieses Lager denn geschlossen agieren würde. Doch statt für ein Linksbündnis zu kämpfen, statt sich selbstbewusst in die politische Mitte zu stellen – dort, wo Wahlen in Deutschland gewonnen worden –, präsentieren sich SPD, Grüne und Linke als Formation, bei der die Vorstellung schwerfällt, dass sie in ihrer gegenwärtigen Verfasstheit gemeinsam regieren kann.

Für die Wirtschaft gibt es keine Alternativen zur CDU.
Die „Suche nach Sicherheit“, so hat der Historiker Eckart Conze einst geschrieben, war „stets der Schlüssel zum politischen Erfolg“. Eben genau dieses Sicherheitsgefühl vermittelt ein linkes Bündnis nicht.
Nicht weil es solch ein Bündnis noch nie gab. Sondern weil die drei Parteien in der Summe eine Politik machen, die nicht auf, sondern gegen die Mitte zielt. Und damit nicht für Sicherheit, sondern für Verunsicherung sorgt.
Am stärksten gilt das für die Linkspartei. Auf ihrem Parteitag wählte die Partei gerade die Trotzkistin Janine Wissler an die Spitze. Das war nur konsequent, Person und Programmatik stimmen jetzt überein.
Die Partei fordert das Ende aller Auslandseinsätze und gibt der Nato alle Schuld für Konfrontationen, weshalb das Militärbündnis aufgelöst werden müsse. Kluge Köpfe in der Fraktion wie Stefan Liebich oder Fabio De Masi treten da lieber nicht mehr an. Auf Ewigkeit Opposition, da haben sie Sinnvolleres zu tun.
Obwohl mit der Linkspartei eigentlich kein Staat zu machen ist, nähert sich die SPD an die Linken an, um die Hoffnung auf ein Linksbündnis als Alternative aufrechtzuerhalten. Mit ihren Forderungen nach einem Ende des Ehegattensplittings in der heutigen Form, nach einer höheren Kapitalsteuer, nach einem Tempolimit sowie dem Aufruf zum Fleischverzicht mag sich die Partei zwar auf der richtigen Seite der Geschichte wähnen, macht damit aber gleichzeitig Politik gegen ihre eigene Klientel.
Kernunterschied der SPD und der Grünen
Und die Grünen? Deren Wahlprogramm wird aus Sehnsucht nach Neuem vielfach als pures Gold gefeiert, ist aber an vielen Stellen schlicht ein Aufwasch früherer Wahlprogramme und eine Kopie der SPD. Wie die SPD haben die Grünen genau ausbuchstabiert, wie sie höhere Einkommen und Vermögen stärker besteuern wollen, bleiben bei Entlastungen aber vage.
Wie die SPD führen auch die Grünen nahezu jedes Problem im Land auf zu geringe Investitionen zurück. In der Energie- und Wirtschaftspolitik sind die Grünen streckenweise sogar interventionistisch und protektionistisch unterwegs.
Der Kernunterschied zur SPD besteht darin, noch mehr Druck in der Klimapolitik zu machen. Das dürfte nicht nur der Industrie Kummer bereiten, sondern auch breiteren Bevölkerungsschichten. Denn mit der abstrakten Forderung nach einem sozial-ökologischen Umbau der Gesellschaft geht in Regierungsverantwortung eine konkrete Änderung von Lebensstilen einher.
Die Frage ist auch, ob der starke Staat, den alle drei Parteien propagieren, nach den Erfahrungen in der Coronakrise wirklich überzeugt. Es gibt in der Bevölkerung zwar einen steigenden Bewältigungsoptimismus, wie Umfragen zeigen. Dieser speist sich aber nicht aus staatlichem Handeln, sondern aus der Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft.
Was aber, wenn es dennoch Mehrheiten jenseits der Union gibt? Zwischen Grün-Rot und der FDP bestehen mindestens so große Differenzen wie zwischen Grün-Rot und der Linkspartei. Die Parteispitzen von Grünen und SPD würden wohl eine Ampel bevorzugen, die Basis beider Parteien ein Linksbündnis.
Viel wird dann davon abhängen, ob die Linkspartei bereit ist, in der Außenpolitik ihre Überzeugungen über Bord zu werfen, um im Gegenzug möglichst viel von ihrer Umverteilungspolitik durchzusetzen, wo Grüne, SPD und Linke recht nah beieinander sind. Für die Wirtschaft alles andere als verlockende Aussichten.
Mehr: Lesen Sie hier, warum Merkels Fehler in der Pandemie ihre Liebe zum Detail ist. Ein Kommentar.
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Ach, Deutschland hat hervorragende Bundeskanzler gehabt, die nicht von der CDU kamen. Sie waren insbesondere in der Lage, in Würde dieses schwierige Amt wieder weiter zu geben. Es gibt viele Wege, einem Land Frieden zu bewahren. Das ist es, was die Menschen in Deutschland erwarten.