Kommentar Ein Regierungsbündnis von FDP und Grünen wäre fürs Ländle die richtige Lösung

Am Wochenende wird in Baden-Württemberg gewählt.
Bei den Landtagswahlen am Sonntag in Baden-Württemberg droht der CDU eine historische Niederlage. Den Posten des Regierungschefs hat sie schon lange an die Grünen verloren. Seit zehn Jahren regiert der konservativ-grüne Winfried Kretschmann, der schon mal Angela Merkel in sein Abendgebet einschließt.
Es kommt auch nicht von ungefähr, dass er sich jetzt in der Maskenaffäre vor die CDU stellt. Das wird dem alten Politikfuchs noch mal Wählerstimmen in CDU-Kreisen bringen. Trigema-Chef Wolfgang Grupp steht für viele Mittelständler unter den Schwaben, die sich sogar öffentlich für Kretschmann aussprechen. Die glücklose CDU-Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann versucht nur noch, den Schaden zu begrenzen.
Die Misere der CDU, die lange Zeit im Autoland den Ministerpräsidenten gestellt hatte, ging im Wahlkampf mit Spott über eine missratene Plakatkampagne los. Aber das war erst der Beginn von etlichen Pleiten, Pech und Pannen. Das mangelhafte Management in der Coronakrise wird vor allem der CDU angelastet.
Die Verantwortung für das Impfdesaster, die verspätete Auszahlung der Wirtschaftshilfen, die fast kabarettreife Teststrategie liegt auf Bundesebene in Händen von CDU-Ministern. Obendrauf kommt, dass Eisenmann als Schulministerin nicht erfolgreich agierte.
Als wäre das alles noch nicht genug, hat der Maskenskandal, der die komplette Union erschüttert, sein Zentrum in Mannheim mit dem ehemaligen CDU-Abgeordneten Nikolas Löbel. Das hindert offensichtlich Teile der CDU nicht, als dezimierter Juniorpartner nach der Landtagswahl in einer Regierung weitermachen zu wollen.
Ein Zukunftsbündnis für Stuttgart
Dabei braucht Baden-Württemberg ein Zukunftsbündnis. Es könnte für eine grün-gelbe Regierung im Land der Tüftler laut einigen Umfragen eine Mehrheit geben. Die Bürger wissen, warum sie einer solchen Konstellation eine Chance geben wollen. Es wäre die Versöhnung von Ökologie und Ökonomie.
Das wirtschaftliche Powerhaus Baden-Württemberg steht vor einem tief greifenden Strukturwandel. Viele Arbeitsplätze hängen direkt oder indirekt von der Automobilindustrie ab. Damit es kein Detroit am Neckar gibt, braucht diese deutsche Schlüsselindustrie politische Impulse: Die Wirtschaftskompetenz der FDP und die ökologische Substanz der Grünen wären optimal genutzt.

Es muss aber auch Personen geben, die sich aufeinander verlassen können. Der listige Südwest-Chef der FDP, Michael Theurer, wollte schon vor fünf Jahren eine Ampel mit einem grünen Ministerpräsidenten. Als er vor einem Jahr Grün-Gelb ins Spiel brachte, taten das viele noch als Profilierungsversuch einer Oppositionspartei ab.
Jetzt stehen die Zeichen zumindest bei der FDP auf Grün-Gelb. Der Spitzenkandidat und Wirtschaftsliberale Hans-Ulrich Rülke kann sich eine Koalition mit den Grünen ebenfalls vorstellen, und Parteichef Christian Lindner findet lobende Worte für Kretschmann.
An der grünen Basis wäre sicherlich ein Bündnis mit der SPD beliebter. Dass das Realität wird, ist aber nicht ausgemacht. Die SPD müsste erst einmal vor der FDP landen, um einen Regierungsauftrag ableiten zu können.
Hinzu kommt der Kretschmann-Faktor: Er machte selten, was die Basis wollte. Das ist eines seiner Erfolgsgeheimnisse. Zu Theurer hat er einen belastbaren Draht und ehrte auf Einladung der FDP deren langjährigen Außenminister Klaus Kinkel.
Signal auf Bundesebene
Für die Bundesebene wäre das ein Signal. Die weitere Annäherung von FDP und Grünen eröffnet in Berlin neue Koalitionsoptionen. Noch vor Kurzem rechnete man in der Hauptstadt mit einem schwarz-grünen Bündnis. Ob es dafür nach der Krise der CDU reicht, weiß keiner mehr. Auf einmal wird in CDU-Kreisen wieder das Jamaika-Bündnis hervorgekramt. Lindner verweist oft darauf, dass Jamaika nicht an den Grünen, sondern an der Merkel-CDU gescheitert sei.
Mit dem neuen CDU-Chef Armin Laschet hat der Liberale ein schwarz-gelbes Bündnis in Nordrhein-Westfalen geschmiedet. Unter Laschet wäre also Jamaika ohne Weiteres vorstellbar. Der CDU-Vorsitzende weiß wiederum genau um die Gefahr einer Ampel. Wenn die SPD das Soziale, die Grünen das Ökologische und die FDP das Wirtschaftliche abdecken: Was bleibt dann für die CDU?, fragt er oftmals rhetorisch. Er verweist dann gerne auf Rheinland-Pfalz, wo ebenfalls am Sonntag gewählt wird.
Im Heimatland von Helmut Kohl
Im Heimatland von Helmut Kohl sind die Christdemokraten seit 30 Jahren in der Opposition. Es sieht alles danach aus, dass noch fünf Jahre hinzukommen. Man braucht kein Prophet zu sein, um zu prognostizieren, dass nach den Landtagswahlen im Südwesten die Union die FDP wieder umwerben wird. Den Anfang machte überraschenderweise CSU-Chef Markus Söder. Nachdem er zu Jahresbeginn die FDP noch in die Nähe der AfD gerückt hatte, betonte er am politischen Aschermittwoch, dass die Liberalen der prioritäre Partner der Union seien.
Die Landtagswahlen sind nur ein erster Fingerzeig für die Bundestagswahl. Unterschätzen sollte man das Ergebnis aber nicht. Immerhin wählen knapp elf Millionen Bürger.
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