Kommentar Eine Erweiterung auf 50 Werte würde den Dax modernisieren

Unternehmen können nur in die erste Börsenliga aufsteigen, wenn es gleichzeitig einen geeigneten Abstiegskandidaten gibt.
Corona hat die Welt verändert: Fliegen ist derzeit kaum ein Thema, die eigenen vier Wände sind zum Lebensmittelpunkt geworden. Genau das spiegelt jetzt auch der deutsche Leitindex Dax stärker wider: Die Deutsche Lufthansa steigt am Montag aus dem Index der 30 an der Börse wertvollsten und am meisten gehandelten Unternehmen ab. Ersetzt wird die Lufthansa durch den Berliner Immobilienkonzern Deutsche Wohnen.
Das klingt zeitgemäß, doch Zukunftsunternehmen aus den Bereichen Digitalisierung und technologische Innovation findet man im Dax 30 kaum, obwohl auch sie durch die Corona-Pandemie in der Wirtschaft und an der Börse einen neuen Schub bekommen. Mit dem Softwarekonzern SAP, dem Chiphersteller Infineon und dem mehr als umstrittenen Zahlungsdienstleister Wirecard sind jedoch nur drei Tech-Werte im Dax vertreten.
Das größte Gewicht im Dax haben nach wie vor Pharma- und Chemiekonzerne mit Bayer, BASF, Covestro und Merck. Auch die Autobranche ist mit den vier Werten Daimler, BMW, Volkswagen und Continental überrepräsentiert. Von manchen Investoren wird der Dax deshalb als Industriemuseum der deutschen Wirtschaft gebrandmarkt.
Dahinter steckt auch eine Menge Neid. In den USA ziehen Technologiegiganten wie Facebook, Amazon, Netflix, Microsoft oder die Google-Mutter Alphabet den breiten Aktienmarkt nach oben. Sie sind der Hauptgrund dafür, dass sich der Dax in den vergangenen zehn Jahren schlechter entwickelt hat als die US-Börsen.
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Deutschland hat jedoch kein Silicon Valley. In manchen Technologiezweigen haben deutsche Unternehmen kaum mehr Aussichten, um in das Segment vorzustoßen. Beispiel Suchmaschinen: Googles Marktanteil von über 90 Prozent in Deutschland lässt Wettbewerber chancenlos.
Es gibt dennoch auch in Deutschland innovative Unternehmen aus den Bereichen Digitalisierung und Technologie. Manche davon haben sich auch an der Börse gut entwickelt. Sie notieren trotzdem nur in der zweiten und dritten deutschen Börsenreihe, also in den Indizes MDax und SDax und im Technologieindex TecDax.
Das wird sich auf absehbare Zeit kaum ändern. Ihr Börsenumsatz und meist auch ihre Marktkapitalisierung sind zu gering. Zudem können Unternehmen nur in die erste Börsenliga aufsteigen, wenn es gleichzeitig einen geeigneten Abstiegskandidaten gibt.
Innovative Unternehmen hätten nur dann eine realistische Chance auf einen Einzug in den Dax, wenn er erweitert würde, zum Beispiel auf 50 Werte. Dann könnten sich auch Firmen wie der Biotechkonzern Qiagen, der Online-Essenlieferant Delivery Hero, der Videokonferenz- und Fernwartungssoftwareanbieter Teamviewer oder der Online-Modehändler Zalando Hoffnungen auf einen Dax-Einzug machen. Der Modernisierung täte eine solche Änderung gut.
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