Kommentar Fairen Wettbewerb im Flugzeugbau kann es nur geben, wenn auch China mitspielt

Dass eine Einigung nach so vielen Jahren plötzlich möglich ist, hat mehr mit der neuen Gefahr aus dem Osten zu tun als mit der Einsicht der Kontrahenten.
Mehr als 17 Jahre hat es gedauert, Handelsströme im Wert von 11,5 Milliarden Dollar wurden mit Strafzöllen belegt und vier amerikanische Präsidenten haben sich daran abgearbeitet. Das ist die Bilanz des transatlantischen Streits um die Staatshilfen für die beiden Flugzeugbauer Airbus und Boeing. Jetzt hat US-Präsident Joe Biden bei seinem Besuch in Brüssel zumindest einen fünfjährigen Burgfrieden erreicht, um den Dauerkonflikt endlich zu lösen.
Der historische Kompromiss kommt für Boeing und Airbus zum richtigen Zeitpunkt. Beide Konzerne haben unter der sinkenden Nachfrage während der Pandemie stark gelitten und können jeden Rückenwind gut gebrauchen. Auch die vielen Exporteure auf beiden Seiten des Atlantiks, von den französischen Weinbauern in der Champagne bis hin zu den Traktorherstellern im US-Bundesstaat Illinois, werden endlich aus der Geiselhaft des politischen Flugzeugstreits entlassen.
Dass eine Einigung nach so vielen Jahren und bitteren Worten plötzlich möglich ist, hat jedoch mehr mit der neuen Gefahr aus dem Osten zu tun als mit der Einsicht der Kontrahenten. Just zu der Zeit, als sich die EU und die USA über ihre Subventionen in den Haaren lagen, nutzte China die Gelegenheit, seinen eigenen Flugzeugbauer Comac mit massiven Staatshilfen zu einem formidablen Rivalen aufzupäppeln.
Wenn die USA und die EU sich jetzt gegenseitig versprechen, ihre zivilen Flugzeuge nur noch ohne staatliche Unterstützung zu entwickeln, ist das nach dem Subventionswettlauf der vergangenen Jahre erstmal eine gute Nachricht. Fairen Wettbewerb kann es jedoch nur geben, wenn der Westen mit Hilfe der Welthandelsorganisation WTO dafür sorgt, dass auch China sich an das „Fair-play“ hält.
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Friedenssignale auf bei Stahl und Aluminium
Dass die Europäer und Amerikaner nebenbei auch noch den unseligen Streit über die noch von Donald Trump verhängten Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte befrieden wollen, ist ein weiteres Zeichen für eine neue Geschlossenheit der Verbündeten. Auch hier gilt: Angesichts der enormen Staatshilfen, mit denen China seine eigene Stahl- und Aluminiumindustrie zum Aufbau von Überkapazitäten getrieben hat, erscheint der transatlantische Zwist wie ein Anachronismus.
Geschlossenheit in den eigenen Reihen ist die Voraussetzung dafür, dass Europa und die USA gemeinsam China dazu bringen können, sich an die Regeln des Welthandels zu halten. Eine Strategie, mit der sie dieses Ziel erreichen können, ist es noch nicht.
Dazu müssen Europäer und Amerikaner die WTO-Regeln so verändern, dass China seine verdeckten Beihilfen offenlegen muss und diese sanktioniert werden können. Das ist die eigentliche Herkulesaufgabe, müssten dazu doch alle 164 WTO-Mitglieder zustimmen – inklusive China.
Mehr: Streit über Beihilfen für Airbus und Boeing: USA wollen Strafzölle fünf Jahre aussetzen
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