Kommentar Gabriel ist eine gute Wahl für die Deutsche Bank – auch wenn er unerfahren im Bankgeschäft ist

Politisches Know-How ist im Deutsche-Bank-Aufsichtsrat bislang Fehlanzeige.
Frankfurt Die Aufregung ist ebenso groß wie erwartbar. Kaum hatte die Deutsche Bank am vergangenen Freitag verkündet, dass Ex-Außenminister Sigmar Gabriel in ihren Aufsichtsrat einziehen wird, schäumte die Empörung hoch. Die Argumente der Kritiker lassen sich grob in zwei Kategorien einteilen. Die erste: Ein Wechsel aus der Politik in die Hochfinanz schadet der Demokratie. Die zweite: Gabriel ist im Bankgeschäft nur ein Amateur.
Demnach gilt es, zwei Fragen zu beantworten: Darf der Sozialdemokrat den neuen Job annehmen? Und kann Gabriel Banker? Die Antwort auf die erste Frage lautet: Warum eigentlich nicht? Die Anschlussverwendung von Politikern ist zwar eine heikle Sache, aber im Prinzip ist es doch erfreulich, wenn sie nach ihrer Karriere im Parlament mit ihrer Zeit etwas Sinnvolles anfangen wollen. Vorausgesetzt, sie rutschen dadurch nicht in ernste Interessenkonflikte.
Der Ex-SPD-Chef war in seiner langen Karriere Ministerpräsident von Niedersachsen, Umwelt-, Wirtschafts- und Außenminister – mit der Deutschen Bank war er nie direkt befasst. Die Interessenkonflikte halten sich also in vertretbaren Grenzen.
Bleibt die zweite Frage: Nutzt Gabriel der Bank irgendetwas, oder richtet ein Laie womöglich sogar Schaden an? Es dürfte unzweifelhaft sein, dass eine Großbank mit globaler Ausrichtung nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische Expertise braucht. Bank-Know-how ist im Aufsichtsrat bereits reichlich vertreten, politische Erfahrung dagegen Mangelware.
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Merz als warnendes Beispiel
Außerdem soll Gabriel den Aufsichtsrat nicht führen. Als Kandidat für die Nachfolge von Chefkontrolleur Paul Achleitner wäre er sicher ungeeignet. Als einfacher Aufsichtsrat ist der Sozialdemokrat dagegen eine sinnvolle Ergänzung.
Vorausgesetzt allerdings, dass sich Gabriel an zwei Regeln hält: Der Sicherheitsabstand zur Tagespolitik muss groß genug sein. Ein politisches Comeback à la Friedrich Merz wäre keine gute Idee, latente Interessenkonflikte brechen dann auf und lassen sich nicht mehr kontrollieren. Die Kandidatur für den Parteivorsitz der CDU hat Merz selbst beschädigt, aber auch seinen Arbeitgeber, den weltgrößten Vermögensverwalter Blackrock. Die zweite Bedingung wird schwieriger zu erfüllen sein.
Gabriel zieht mit dem Segen des größten Aktionärs, der Herrscherfamilie von Katar, in den Aufsichtsrat ein. Trotzdem muss der Ex-Politiker Abstand zum umstrittenen Emirat halten. Wird er als Marionette der Katarer wahrgenommen, leidet sein eigener Ruf und der der Bank. Im Idealfall kann Gabriel der Deutschen Bank helfen, mehr gesellschaftliche Akzeptanz zu gewinnen. Und das ist trotz neuer Strategie und neuer Führung noch immer bitter nötig.
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