Kommentar Hawala auf Bitcoin-Basis – El Salvador schafft sich eigene Währungsprobleme

Die Kryptowährung verhindert einen eindeutigen Wechselkurs für das Land.
Hawala: So heißen informelle Zahlungssysteme, die in vielen Schwellenländern, zum Teil sogar in Krisengebieten, erstaunlich gut funktionieren. Sie werden von Menschen, die in reichen Ländern Arbeit gefunden haben, auch für Transfers nach Hause zur Familie genutzt.
Grundlage der Hawalas sind oft Verwandtschaften oder Bekanntschaften. Man verschickt Geld, indem es dem Empfänger einfach gutgeschrieben wird. Irgendwann später muss dann der Saldo vielleicht ausgeglichen werden, aber nicht bei jeder einzelnen Zahlung.
El Salvador führt jetzt eine Art Hawala ein. Nur, dass als Grundlage nicht verwandtschaftliches Vertrauen dient, sondern die Blockchain der Bitcoins. Dabei wird ein sogenanntes Lightning-Netzwerk eingesetzt, bei dem nicht mehr jede Zahlung in der Blockchain vermerkt werden muss, was Zeit und Kosten spart.
El Salvador will mit dieser elektronischen Hawala typische Schwellenländer-Probleme lösen: zu teurer Zahlungsverkehr, gerade auch bei Überweisungen aus dem Ausland, und zu wenige Bankkonten.
Damit wird das Land Schauplatz eines riesigen, faszinierenden Experiments. Dort wird sich erweisen, ob Lightning im großen Maßstab funktioniert. Aber die Frage bleibt, ob sich das Risiko wirklich lohnt.
Denn El Salvador hat die eigene Währung schon vor 20 Jahren gegen den Dollar eingetauscht. Das Land hat also bisher kein drängendes Währungsproblem, halst sich aber eines auf. Denn es wird künftig mit zwei Währungen leben: Dollar plus Bitcoin. Anders als bei der Abschaffung der Landeswährung Colon kann es aber diesmal keinen festen Wechselkurs definieren.
Im Gegenteil, der Bitcoin schwankt wild in Dollar gerechnet. Und was den Mangel an Bankkonten angeht: Da zeigt das Mobile-Banking in Afrika, dass es auch Lösungen ohne Bitcoin gibt. Für grenzüberschreitende Zahlungen gibt es inzwischen auch innovative Angebote wie etwa Wise, die preiswerter sein können als traditionelle Wege.
Letztlich sind die Kryptowährungen weltweit ein gewaltiges Experiment, bei dem noch niemand weiß, wie es ausgeht. Sollte irgendwann die Faszination des Bitcoins verblassen, dessen Wert ja allein von dieser Faszination abhängt, dann wird es zu großen finanziellen Schäden kommen. Und vergangene Krisen im Finanzbereich haben gezeigt: Für reiche Länder sind sie letztlich doch verkraftbar. In armen Ländern können sie dagegen verheerende wirtschaftliche und soziale Schäden hinterlassen.
Mehr: „Ein Experiment nicht von dieser Welt“: El Salvador führt am Dienstag Bitcoin als Währung ein
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noch eine kleine Ergänzung aus aktuellem Anlass. Das bereitet mir persönlich größere Sorgen, wenn die Superreichen ihr Geld verstecken. Und natürlich ganz legal (das Gegenteil wird niemand bezeugen können):
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2021-09/steueroasen-bundesfinanzministerium-liechtenstein-cayman-islands-schweiz-vermoegen
"Im Gegenteil, der Bitcoin schwankt wild in Dollar gerechnet."
Bitcoin ist mehr ein "Store of Value" als eine Währung, und natürlich können die Menschen in EL-Salvador in BTC bezahlen, aber das Geld auch bereits während der Transaktion durch Lightning wieder zurück in USD tauschen (Kostet teilweise weniger als einen Euro Cent). Mit Lightning können zukünftig nicht nur Auslandszahlungen erfolgen, sondern auch in Echtzeit Währungen zum Nulltarif getauscht werden. Ein interessantes Video dazu gibt es hier:
https://www.youtube.com/watch?v=7bOo3zLFhEk
Zu sehen ist sogenanntes "Money-Streaming", wo in nahezu Echtzeit und kostenlos Geld von USD in EUR getauscht und versendet wird, und zwar jede 5te Sekunde.
Gerade in einer Zeit wo das ein oder andere Prozent an Inflation zu erwarten ist, ist doch Bitcoin eine willkommene Möglichkeit sein Portfolio zu diversifizieren. Auch Menschen in Entwicklungsländern wie EL-Salvador, sollten die Möglichkeit dazu haben.
Aber wo Sie recht haben, es ist ein wegweisendes Experiment :)
Interessante Artikel zu diesen Themen gibt es auf:
https://www.blocktrainer.de/
"Und was den Mangel an Bankkonten angeht: Da zeigt das Mobile-Banking in Afrika, dass es auch Lösungen ohne Bitcoin gibt."
@Hr. Wiebe: Sie haben sich hiermit eine schöne Vorlage gemacht. Recherchieren Sie doch bitte über die Bedeutung, Funktionalität und Erfolge von Kryptowährungen in Afrika, insb. Nigeria.
Vielleicht werden Sie Erschütterndes, Faszinierendes und Revolutionäres feststellen, um in den Worten des Handelsblatts zu bleiben. (auch gerne noch zum Thema IOHK/ Cardano Foundation)