Kommentar In der Klimadebatte ist Kreativität statt Ideologie gefragt

Bosch beliefert Chinesen mit Elektrokomponenten ebenso wie Tesla oder Japaner mit Brennstoffzellen.
Es ist schon bemerkenswert, wie die Not der Transformation in der Autoindustrie das Lagerdenken aufreißt. Da bietet die IG Metall den Arbeitgebern an, über Zukunftslösungen zu reden statt über Löhne. Praktische Lösungen statt alter Kampfrituale sind angesagt.
Auch in der politischen Diskussion wäre angesichts der Herausforderung der CO2-freien Mobilität mehr faktenorientierte Sachlichkeit zu wünschen. Der Weg von Volkswagen-Chef Herbert Diess, nur auf batterieelektrische Autos zu setzen, mag für den VW-Konzern richtig sein. Aber ist es sinnvoll, als Gesellschaft sich nur auf einen Weg festzulegen?
Das Schwergewicht auf den CO2-Ausstoß zu legen ist wichtig. Aber dem Klima hilft es am Ende nur, wenn die Energiebilanz von der Quelle bis zum Auspuff bewertet wird. Bosch-Chef Volkmar Denner hat sich jetzt beschwert, dass der Bundesrat die Zulassung synthetischer Kraftstoffe abgelehnt hat und damit leichtfertig eine Chance zur CO2-Senkung in der bestehenden Flotte vertan hat.
Natürlich ist es für den Planeten keine Lösung, wenn für Palmölplantagen Regenwald abgeholzt wird, um Biosprit zu produzieren. Aber statt kategorischer Ablehnung könnte man sich auch Gedanken machen, wie diese Kraftstoffe umweltverträglich und kostengünstig produziert werden könnten.
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Kreativität statt Ideologie – das fordert Denner zu Recht. Denn über eine Milliarde Autos kurven auf diesem Planeten herum. Selbst wenn die Jahresproduktion schon heute komplett elektrisch wäre, würde es über zehn Jahre dauern, die Flotte auszutauschen. Auf die Realität übertragen ist man da schnell bei 20 oder 30 Jahren.
Gehör für Querdenker
Da können synthetische Kraftstoffe bei absehbar steigenden CO2-Preisen noch relevant werden. Es ist nur ein Beispiel dafür, dass die Forderung nach Technologieoffenheit eben nicht ewig gestrig, sondern dem Fortschritt bei Klimazielen zugewandt ist.
Klar hat Bosch als Spezialist für Einspritztechnologie auch eigene Interessen. Aber Bosch macht alles vom Verbrenner über das Batterieauto bis zur Brennstoffzelle. Denner nimmt auch als Erster in der Autoindustrie in den Mund, dass die Branche 2017 mit 99 Millionen Fahrzeugen den Zenit ihrer Produktion wohl überschritten hat.
Querdenkern in der „SUV-größer-schneller-weiter“-Branche sollten Berliner Politiker Gehör schenken. Bosch ist ein Weltkonzern. Und wenn sich die deutsche Regierung Lösungen verschließt, führt das bei Bosch nicht zum Untergang, sondern zum Weggang.
Die Schwaben beliefern Chinesen mit Elektrokomponenten ebenso wie Tesla oder Japaner mit Brennstoffzellen. Intelligente Lösungen suchen sich immer ihren Weg, notfalls auch außerhalb Deutschlands. Autobahnen allein reichen nicht aus, um Leitmarkt zu bleiben.
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