Kommentar Industrie 4.0 ist eine deutsche Erfolgsgeschichte – nun muss der nächste Schritt folgen

Die Visionen von 2011 sind heute in weiten Teilen Realität.
Düsseldorf Wenn in der kommenden Woche die Hannover Messe beginnt, dann wird die Digitalisierung in der Industrie so sichtbar sein wie nur selten zuvor. Pandemiebedingt findet die weltgrößte Industrieschau erstmals in ihrer Geschichte nur als rein digitales Event statt. Videostreams und Chaträume dienen dabei als Ersatz für die großen Messehallen, in denen noch vor zwei Jahren die Aussteller ihre mannshohen Maschinen präsentierten.
Dezentral und digital – für die vierte industrielle Revolution, die 2011 auf der Hannover Messe ausgerufen wurde, hätte es wohl kein besseres Sinnbild gegeben. Seit nunmehr zehn Jahren arbeitet die deutsche Industrie nun daran, die Fertigung mit immer neuen Technologien zu revolutionieren. Das Fernziel ist die autonome Fabrik, in der sich verschiedenste Produkte in beliebiger Stückzahl herstellen lassen.
Doch so fern ist dieses Ziel gar nicht mehr, schaut man sich die Leuchttürme an, die so manches Unternehmen in den vergangenen Jahren errichtet hat. Ob kollaborative Roboter, die Hand in Hand mit dem Menschen arbeiten, oder KI-Algorithmen, die autonome Fahrzeuge durch die Fabrik steuern: Die Visionen von früher sind heute in weiten Teilen Realität.
Daran haben vor allem deutsche Unternehmen einen großen Anteil, die mit dem eng verflochtenen Fertigungsnetzwerk in Europa die perfekte Spielwiese vorfanden, um ihre Innovationen in Zusammenarbeit mit den Anwendern zu erproben und zu verbessern. Doch nun geht es darum, die neuen Technologien zusammenzuführen – erst dann kann die Fabrik der Zukunft auch wirklich autonom funktionieren.
Dabei ist Europa mit seiner breiten industriellen Basis gegenüber Asien und Nordamerika in dieser Phase eher im Nachteil. Denn nur wo komplett neue Werke auf der sogenannten grünen Wiese entstehen, lässt sich das gesamte Potenzial der Industrie 4.0 wirklich entfalten. Und das passiert bislang vor allem in Märkten wie China, wo Energie günstig und der Bedarf riesig ist.
Will Europa seine Position als innovatives Fertigungslabor der Welt erhalten, müssen die Unternehmen auch hierzulande in neue Werke investieren. Dafür braucht es Anreize, wie die Beispiele aus der Chipherstellung und der Batteriezellfertigung zeigen.
Industrieproduktion entsteht in Zukunft dort, wo sie sich langfristig rechnet. Dabei spielen die Personalkosten eine untergeordnete Rolle, während Faktoren wie eine schnelle und stabile Internetverbindung immer wichtiger werden. Hier muss Deutschland nachlegen.
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