Kommentar Italien: Italien ist beim Wiederaufbau auf deutsche Hilfe angewiesen

Der Ministerpräsident von Italien sollte das gute bilaterale Verhältnis zu Berlin nicht aufs Spiel setzen.
Es geht um 36 Milliarden Euro. So viel könnte Italien aus dem Topf des Europäischen Rettungsschirms ESM erhalten, wenn es einen Antrag auf eine vorsorgliche Kreditlinie stellt. Das ist nicht wenig angesichts der immensen Kosten, die durch die Pandemie entstanden sind.
Die eigenen Hilfspakete reichen kaum aus, um gegen den dramatischen Einbruch der Wirtschaft vorzugehen. Besonders das Gesundheitswesen würde profitieren. Und auf weite Sicht muss auch irgendwann die immense Schuldenlast des Landes abgebaut werden.
Über das Geld für Rom aus dem EU-Wiederaufbaufonds, immerhin 173 Milliarden Euro, davon 81,8 Milliarden als nicht rückzahlbare Zuwendungen, ist noch nicht entschieden worden. Und es wird auch bis 2021 dauern, bis die ersten Zahlungen eingehen. Da ist es mit gesundem Menschenverstand nicht nachvollziehbar, dass Italien nicht jede Hilfsmöglichkeit nutzt.
Doch das Thema ist in Rom tabu, denn einer der Koalitionspartner, die Bewegung Fünf Sterne, macht aus dem Nein zum ESM ein ideologisches Grundsatzproblem. Das wäre ein Angriff auf die Souveränität des Landes, argumentieren sie. Premier Conte muss sehen, dass er seine Regierung zusammenhält und spielt deshalb auf Zeit. Kein anderes Land hätte bisher einen Antrag gestellt, sagt er.
Scharf reagierte er am Wochenende auf eine Äußerung von Kanzlerin Merkel, dass die EU Hilfsprogramme wie den ESM nicht zur Verfügung stelle, damit sie ungenützt blieben. Seine ziemlich unhöfliche Antwort, er allein sei für die Finanzen Italiens zuständig, ist natürlich an das heimische Publikum gerichtet. Doch sie passt gerade gar nicht.
Conte täte gut daran, das wiederhergestellte gute bilaterale Verhältnis der engen Handelspartner nicht aufs Spiel zu setzen. Die Bereitschaft Deutschlands ist da, Italien während der EU-Ratspräsidentschaft zu helfen. Nicht nur Berlin wartet allerdings auf den detaillierten Reformplan, den Conte im September vorlegen will.





