Kommentar: Japan-Wahl mit Überraschungssieger: Regierungschef Kishida stärkt seine Macht

Sieger der Wahl in Japan ist Fumio Kishida.
Die Unterhauswahl in Japan begann für Japans neuen Regierungschef Fumio Kishida als Zitterpartie – und endete mit einem klaren Sieg. Um die Regierungskoalition zu stürzen, hatten die linken Oppositionsparteien in den wichtigen Direktwahlkreisen gemeinsame Kandidaten aufgestellt.
Kishidas Liberaldemokratische Partei (LDP) verteidigte sogar ohne ihren jahrzehntealten Koalitionspartner, die Neue Gerechtigkeitspartei, überraschend deutlich ihre absolute Mehrheit.
Die Aussicht auf eine stabile konservative Regierung mit großzügigen Staatsausgaben und lockerer Geldpolitik trieb am Montagmorgen prompt den Nikkei-225-Aktiendindex um mehr als zwei Prozent in die Höhe. Denn zusammen kommt die Koalition auf starke 293 der 465 Sitze im Parlament, weil die LDP weit weniger Sitze verlor als die Auguren vorausgesagt hatten.
Für Kishida ist das nicht nur ein Sieg über die Opposition, sondern auch ein innerparteilicher Coup. Denn er vergrößert die Erfolgschancen für sein wirtschaftliches Umverteilungsprogramm. Unter dem Slogan eines „neuen Kapitalismus“ will er versuchen, die finanzielle Lage bei den Armen und in der Mittelschicht durch deutliche Gehaltserhöhungen zu verbessern.
Die Parteirechte hatte den als moderat geltenden Konservativen spüren lassen, dass er nur mit ihrer Hilfe im September seinen unbeliebten Vorgänger Yoshihide Suga als Parteichef und damit Ministerpräsident ablösen konnte. Sie strich ihm viele seiner Schlüsselforderungen aus dem Wahlprogramm, darunter auch eine Reform der skandalgebeutelten Partei.
Wiederbelebung der Atomkraft steht auf dem Programm
Doch nun hat Kishida gezeigt, dass er Wahlen überzeugend gewinnen kann. Vor zwei Monaten hätte kaum jemand auf ein derart starkes Ergebnis der LDP gewettet.
Zusätzlich tat die Opposition ihm den Gefallen, einen der wichtigsten Strippenzieher der Rechten, den bisherigen LDP-Generalsekretär Akira Amari, in dessen Wahlkreis zu schlagen.
Der Verlust des Direktwahlkreises war vor Amari noch keinem Generalsekretär gelungen, der immerhin der zweitwichtigste Mann in der Partei ist. Amari zieht zwar über die Liste wieder ins Parlament ein. Dennoch äußerte der Verlierer bereits Rücktrittsgedanken mit Blick auf seinen Parteijob. Kishida kann den Parteiposten daher neu vergeben, vielleicht sogar an einen seiner Gefolgsleute.
Sein Programm ist damit klar: Zuerst wird er bis Ende des Jahres ein weiteres großes Coronahilfsprogramm zusammenstellen, das sich auf mehrere Prozent der Wirtschaftsleistung belaufen könnte.

Auch eine Wiederbelebung der Atomkraft und eine drastische Erhöhung des Verteidigungshaushalts stehen auf der Tagesordnung. Gleichzeitig gewinnt Kishidas Reformrat an Gewicht, der Vorschläge für seinen „neuen Kapitalismus“ machen soll.
Nun muss Kishida zeigen, dass er die Chance wahrnimmt, mehr als einer der vielen Ein-Jahres-Regierungschefs in Japans Geschichte zu werden.





