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Kommentar Jenseits von Trump scheinen die Republikaner nicht mehr zu wissen, wofür sie stehen

Der US-Präsident hat das Establishment der Partei auf den Kopf gestellt, es gibt nicht einmal ein Wahlprogramm. Die Republikaner riskieren ihre Identität.
23.08.2020 - 15:05 Uhr Kommentieren
Die Republikaner ordnen sich dem Präsidenten völlig unter. Die Partei droht die Wähler der politischen Mitte zu verlieren. Quelle: dpa
US-Präsident Donald Trump

Die Republikaner ordnen sich dem Präsidenten völlig unter. Die Partei droht die Wähler der politischen Mitte zu verlieren.

(Foto: dpa)

In dieser Woche wollen die Republikaner Donald Trump zum Präsidentschaftskandidaten nominieren und seinen Antritt zur Wiederwahl offiziell machen. Für die heiße Phase im Rennen um das Weiße Haus ist diese Convention zweitrangig. Trump trifft ohnehin fast jede politische Entscheidung so, als ob jeden Tag Wahlkampf wäre.

Auch wird die Mobilisierungskraft überschätzt – wer jetzt noch Trump wählen will, braucht keinen Parteitag, um davon überzeugt zu werden. Trotzdem sollte jeder, der die Gelegenheit dazu hat, die Veranstaltung verfolgen. Denn dieser Parteitag wird in aller Deutlichkeit zeigen, dass im Kosmos der US-Republikaner nichts mehr so ist, wie es einmal war.

Vor vier Jahren kürten die Republikaner Trump eher verschämt zum Spitzenkandidaten. Inzwischen sind sie die Trump-Partei. Er hat es geschafft, das Establishment der Partei auf den Kopf zu stellen.

So wird der letzte lebende republikanische Präsident vor Trump, George W. Bush, fernbleiben. Bevor Trump 2016 zum Kandidaten nominiert wurde, hatte über Jahrzehnte immer ein Mitglied der Bush-Familie einen Auftritt. Der Präsidentschaftskandidat von 2012 und Trump-Kritiker Mitt Romney boykottiert den Parteitag ebenso wie der frühere Chef-Republikaner im Repräsentantenhaus, Paul Ryan.

Gleichzeitig lässt die Partei zu, dass Trump die Regeln des Wahlkampfs aushebelt. Trump will seine Abschlussrede auf dem Rasen des Weißen Hauses abhalten. Das ist nicht nur ungewöhnlich, sondern auch am Rande der Legalität, weil der Präsident wieder einmal sein Amt mit seiner Wahlkampagne vermischt.

Gibt es Widerspruch aus den eigenen Reihen? Natürlich nicht. Die Republikaner, die Trump durch alle Krisen der vergangenen Jahre hindurch gestützt und geschützt haben, lassen ihn auch jetzt gewähren. Gouverneure halten in der Pandemie treu zu Trump, der US-Senat schützte ihn noch im Januar vor einer Amtsenthebung.

Dazu kann der Präsident so viele Spitzenbeamte feuern, wie er will: Bislang finden sich noch immer genug, die für ihn arbeiten wollen. Auch darf man nicht vergessen, dass es trotz bundesweit schlechter Umfragen immer noch viele Trump-Hochburgen gibt. Diesen Teil der republikanischen Basis will man nicht zehn Wochen vor der Wahl vergraulen.

Quelle: Burkhard Mohr
Trump-Karikatur
(Foto: Burkhard Mohr)

Doch die eiserne, bedingungslose Loyalität hat noch einen anderen, gravierenden Grund. Trumps Wahlsieg nach der Obama-Ära sorgt bis heute dafür, dass die Republikaner dem Ziel eines konservativen Machterhalts alles andere untergeordnet haben – auch ihre eigene Identität.

Freihändler, Defizitwächter oder Freunde des Multilateralismus wurden in die hinteren Reihen verbannt. Die Republikaner haben sich damit in eine ideologische Ecke gedrängt. Eigentlich müsste ihnen das Existenzsorgen bereiten, denn derzeit ist die Partei nicht in der Lage, Wählern der Mitte etwas anzubieten. Dafür ist Trump zu radikal, nationalistisch, populistisch.

Das spiegelt sich auch auf der Convention wider: Auftreten wird ein Paar aus St. Louis, das bekannt wurde, weil es in seinem Vorgarten schwer bewaffnet gegen eine „Black Lives Matter“-Demonstranten posierte. Eine klassisch republikanische Spitzenpolitikern wie Liz Cheney hingegen – innenpolitisch wertekonservativ, außenpolitisch Falkin – kommt nicht. Stattdessen werden sich Trumps Fürsprecher um einen Präsidenten scharen, der die Gültigkeit von Wahlen anzweifelt.

Law-and-Order-Parolen statt Wahlprogramm

Jenseits von Trump scheinen die Republikaner nicht mehr zu wissen, wofür sie stehen. Es existiert nicht einmal ein Wahlprogramm. Die Trump-Kampagne ist stolz darauf, dass die Ziele dieselben sind wie 2016: niedrige Steuern, Gas und Kohle, konservative Werte, das Recht auf Waffenbesitz.

Das sind Ziele, die in einer demokratischen Vielfalt ihre Berechtigung haben. Doch erschreckend ist, dass Trump seinen Wahlkampf exakt genauso aufzieht wie vor vier Jahren. Dabei haben sich die Zeiten dramatisch geändert: In der Coronakrise stellt jede Woche eine Million US-Bürger einen Arbeitslosenantrag.

Mittelfristig werden sich die Republikaner der Frage stellen müssen, wohin sie sich bewegen wollen. Noch mehr nach rechts? Nachhaltig ist das kaum, wie die Kongresswahlen von 2018 zeigten.

Damals setzte Trump auf einen Anti-Migrations-Kurs und schürte Ängste vor einer „Flüchtlings-Karawane“. Das Ergebnis war ernüchternd, die Demokraten eroberten das Repräsentantenhaus zurück. Auch im aktuellen Wahlkampf will Trump mit Law-and-Order-Parolen punkten. In den Umfragen profitiert er davon bislang nicht.

Nach außen geben sich die Republikaner siegesgewiss, doch die starke Unterstützung für den Herausforderer Joe Biden muss die Partei nervös machen. Biden schneidet bei Trumps Zielgruppe, den weißen Wählern, besser ab als jeder Demokrat seit Jimmy Carter.

Dazu haben die Demokraten mit ihrer Convention in der Vorwoche bewiesen, dass sie im Gegensatz zu den Republikanern lernfähig sind. Nach ihrem Trauma der Niederlage von 2016 haben sie es tatsächlich geschafft, sich neu zu definieren. Ein moderates Kandidatenduo aus Joe Biden und Kamala Harris in Kombination mit einem überraschend linken Wahlprogramm hat ideologische Konflikte für den Moment beruhigt.

Dieser Prozess war schmerzhaft, aber die Republikaner scheuen ihn gänzlich, solange Trump im Weißen Haus sitzt. Das ist kurzsichtig. Denn die Koalition, die die Demokraten aufgebaut haben, wird nicht halten, die Gräben zwischen Linken und Zentristen werden wieder aufbrechen – spätestens dann, wenn es darum geht, wie die teuren Versprechen von Biden und Harris finanziert werden sollen.

Es ist eine Frage der Zeit, bis Wähler der Mitte enttäuscht werden und eine neue politische Heimat suchen. Bei den Republikanern finden sie diese Heimat nicht.

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