Kommentar Jetzt gibt es die Chance, Biontech groß zu machen – und sie sollte genutzt werden

Die Firma ist schon jetzt ein nationaler Champion.
„Impfstrategie“ ist ein großes Wort für das, was gerade in Europa passiert. Was geliefert wird, wird verimpft. Was nicht geliefert wird, kann auch nicht verimpft werden. Das hat weniger mit einer politischen Strategie zu tun als mit Produktionskapazitäten privater Unternehmen.
Das ändert sich jetzt. Ab dem Herbst geht es nicht mehr darum, so schnell wie möglich irgendwie die Bevölkerung zu versorgen. Es geht dann darum, den Impfstoffmarkt der Zukunft zu besetzen. Europa hat beste Chancen, führend dabei zu sein.
Das deutsche Unternehmen Biontech und das amerikanische Unternehmen Pfizer sind zusammen die stärkste Macht auf diesem Gebiet. Sie haben hohe Kapazitäten und mit mRNA die beste Technologie, die sich auch für andere medizinische Zwecke einsetzen lässt.
Die Frage ist, wie man Biontech dabei helfen kann, seine gute Ausgangsposition zu nutzen. Dazu gibt es zwei grundverschiedene Ansätze. Der eine setzt darauf, gute Rahmenbedingungen zu setzen und es dann dem Markt zu überlassen, welches Unternehmen wächst und welches scheitert.
Der andere Ansatz ist, Unternehmen aktiv zu fördern – auch mit Subventionen und Beteiligungen. Dazu hat sich die Bundesregierung 2019 mit ihrer Industriestrategie bekannt, zumindest in Bezug auf „Gamechanger-Technologien“. Dass darunter auch Corona-Impfstoffe fallen, dürfte mittlerweile selbstverständlich sein.
Wirtschaftliche Chancen
Die EU ist in Sachen Impfstoffe praktisch zu einer aktiven Politik gezwungen, weil sie der Kunde ist und mit Milliardensummen in Vorleistung gehen muss. Sie kann nicht abwarten und darauf hoffen, dass ein Unternehmen von sich aus Impfstoffe weiterentwickelt und Produktionskapazitäten aufbaut. Und sie darf auch nicht darauf hoffen, dass sich Biontech und das deutsche Biotechunternehmen Curevac schon allein gegen die Konkurrenz durchsetzen werden.
Außerdem hat sie eine Verantwortung dafür, dass möglichst bald Impfstoffe in einer Größenmenge hergestellt werden, die zur Versorgung auch außereuropäischer Länder ausreicht. Je mehr Geld fließt, desto größer sind natürlich die Risiken. Aber auch die wirtschaftlichen Chancen sind gewaltig, wenn man bedenkt, dass Milliarden Menschen möglicherweise immer wieder geimpft werden müssen.
Darum ist es gut, dass die EU-Kommission jetzt 1,8 Milliarden Dosen kaufen möchte. Es ist gut, dass sie dabei hilft, die Produktion von Komponenten in der EU anzusiedeln. Und auch der Einstieg des Bundes bei Curevac könnte sich als gute Investition erweisen. Wenn die Wunschliste von Biontech oder Curevac noch länger ist, sollten Deutschland und die EU zumindest immer ein offenes Ohr dafür haben.
Mehr: Biontech zieht Lieferung an Europa vor – EU verhandelt über 1,8 Milliarden Dosen bis 2023
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