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Kommentar Jetzt oder nie: Für den Westen bietet sich nun die Gelegenheit, die Türkei an sich zu binden

Die Türkei und Griechenland wollen nach fünf Jahren wieder verhandeln. Die Zeit ist günstig – auch für eine Wiederannäherung der Türkei an Europa.
13.01.2021 - 08:45 Uhr Kommentieren
Im Mittelmeerkonflikt nähern sich die Türkei und Griechenland wieder aneinander an. Quelle: dpa
Türkisches Forschungsschiff

Im Mittelmeerkonflikt nähern sich die Türkei und Griechenland wieder aneinander an.

(Foto: dpa)

Sie reden wieder miteinander – immerhin. Die Regierungen in Athen und Ankara haben vereinbart, im Streit um Seegrenzen in der Ägäis an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Das allein ist schon eine gute Nachricht, wenn man bedenkt, dass bis vor Kurzem selbst ein Krieg im Mittelmeer nicht auszuschließen war. Am 25. Januar nun wollen beide Seiten ein Gesprächsformat fortführen, das vor fünf Jahren eingefroren worden war.

Etwa so lange dauert nun auch die Entfremdung zwischen der Türkei und dem Westen an. Das anstehende Treffen in Istanbul ist daher mehr als nur ein Teilerfolg: Die türkische Führung unter Staatschef Recep Tayyip Erdogan vollzieht eine diplomatische Wende Richtung Europa.

Für Politiker in Berlin, Brüssel und Washington bietet das neue Jahr die Chance, einen verloren geglaubten Partner zumindest wieder ein Stück weit an sich zu binden. Das gilt übrigens auch und im Besonderen für den nächsten Bundeskanzler.

Die Türkei hatte sich seit einem Putschversuch vor knapp fünf Jahren erst isoliert gefühlt – und sich anschließend selbst politisch isoliert. Die Folge waren Streits ohne Ende, vor allem mit Regierungen der EU: um Flüchtlinge, um Seegrenzen, um Nazivergleiche. Nahezu alle Versuche der Europäer, Erdogan wieder für sich zu gewinnen, scheiterten. Mehr Geld für die Flüchtlinge hatte einen ebenso flüchtigen Effekt auf die Politik in Ankara wie die Androhung harter Wirtschaftssanktionen.

Die Wahl Joe Bidens zum US-Präsidenten dürfte den Westen wieder auf eine ähnliche Wellenlänge bringen. Europa und die USA bilden damit wieder ein stärkeres Gegengewicht gegen Russland, aber eben auch die Türkei.

Auch andere Faktoren deuten darauf hin, dass 2021 auch für Ankara ein Anlass sein könnte, die eigene aggressive Außenpolitik zu überdenken. Der Syrienkonflikt schwelt schlimmstenfalls noch, und damit auch die Gefahr neuer Flüchtlingswellen.

Mit der beginnenden Impfkampagne deutet sich außerdem ein Ende der sozialen und wirtschaftlichen Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie an. Was nicht heißt, dass die Wiederannäherung Ankaras an den Westen ein Selbstläufer sein wird. Es sind drei Faktoren, auf die es ankommt, wenn der Westen mit Erdogan wieder ins Geschäft kommen möchte.

Druck, Dialog und Empathie

Ohne Druck wird es zwar nicht gehen. Doch sollten sich Amerikaner und Europäer gut überlegen, wo sie Druck aufbauen können. Sanktionen mögen kurzfristig wehtun. Langfristig führen sie dazu, dass die Türkei sich anderswohin orientieren wird. Bei den zunehmenden türkischen Exporten nach Asien, Südamerika und Afrika sieht man das schon jetzt. Besser wäre es, gemeinsame Projekte an eine politische Wiederannäherung zu knüpfen. Etwa eine neue Zollunion, von der beide Seiten profitieren würden.

Außerdem ist Dialog wichtiger denn je. Dass Erdogan und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen zuletzt telefoniert haben, ist ein zufriedenstellender Hinweis. Auch die anstehenden Verhandlungen mit Athen zeigen, dass Ankara sich dem Dialog nicht widersetzt – im Gegenteil. Diesen Pfad sollten beide Seiten fortführen

Was bisher fehlt, und zwar auf beiden Seiten, ist etwas mehr Empathie. Erst wenn beide Seiten einsehen, dass sie in einer zunehmend multipolaren Welt aufeinander angewiesen sind, kann eine Annäherung gelingen. Ankara und Athen können jetzt beweisen, dass beide es ernst meinen. Wenn das gelingt, ist der Weg für weitere Verhandlungen mit dem Westen geebnet – er muss dann nur noch beschritten werden.

Mehr: Wie die Linien im Mittelmeerstreit verlaufen.

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