Kommentar Johnson ignoriert die Bedürfnisse der britischen Wirtschaft

Einige Branchen bezweifeln, dass sie weiterhin genügend Mitarbeiter finden.
Es ist keine zwei Jahre her, dass Boris Johnson – damals noch als britischer Außenminister – mit dem Spruch „F*** business“ Schlagzeilen machte. Heute, als Premierminister, formuliert er dieselbe Aussage ein bisschen moderater: „Unternehmen müssen sich anpassen.“ So steht es zumindest in dem Entwurf für das neue Einwanderungssystem, das Großbritannien ab 2021 anwenden will.
Künftig sollen nur Einwanderer zugelassen werden, die eine Reihe von Kriterien erfüllen: Sie müssen Englisch sprechen, einen gut bezahlten Job in Aussicht haben und gut ausgebildet sein. Bevorzugt behandelt werden Zuwanderer aus Sektoren, in denen nach offizieller Einschätzung Arbeitskräftemangel herrscht.
Die Absicht dieses Anforderungskatalogs ist klar: Nur qualifizierte Arbeitskräfte sollen auf die Insel kommen – und nicht mehr so viele Menschen wie bisher. EU-Bürger werden nicht mehr bevorzugt behandelt, die von der EU aufgezwungene Freizügigkeit endet.
Einmal mehr demonstriert die Regierung damit, dass sie bereit ist, auf Kosten der Wirtschaft für den Brexit Opfer zu bringen. In Zeiten, in denen auf der Insel volkswirtschaftlich gesehen Vollbeschäftigung herrscht – die Arbeitslosenquote liegt bei 3,8 Prozent –, melden Unternehmen verständlicherweise Zweifel an, dass sie zukünftig noch genügend Mitarbeiter finden werden.
Wer soll künftig in London den Coffee to go ausschenken, in Manchester die Hotelzimmer reinigen oder in Shropshire Rinder schlachten? Bei einem Teil der Wähler stößt das geplante Gesetz aber auf Applaus. Boulevardmedien feiern den Vorstoß als „Revolution“.
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Boris Johnson hat also sein Ziel erreicht. Er verfolgt schließlich keine Politik, die der Wirtschaft zusagt – zumindest nicht, wenn er damit nicht bei (Pro-Brexit-)Wählern punkten kann. Der Gesetzesvorschlag sollte deswegen Unternehmen eine Warnung sein: Wenn sie nicht Teil einer Branche sind, die Johnsons Regierung fördern will – wie etwa die Technologiebranche –, dann müssen sie sich auf harte Zeiten einstellen.
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