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Kommentar Laschets Problem ist nicht er selbst – sondern seine Partei

Die Streitereien in der Union haben der Partei eine wichtige Fähigkeit genommen: Meinungen zu bündeln. Der Leidtragende dieses Defizits ist nun Kandidat Armin Laschet.
27.08.2021 - 04:02 Uhr 4 Kommentare
Die Favoritenrolle bei der Wahl haben die Union und ihr Kandidat längst eingebüßt. Quelle: Reuters
Armin Laschet

Die Favoritenrolle bei der Wahl haben die Union und ihr Kandidat längst eingebüßt.

(Foto: Reuters)

Schalten Sie am Sonntag den Fernseher an, wenn Sie wissen wollen, wer aus Ihrer Sicht am besten in der Lage ist, das Land in schweren Zeiten zu führen. Vermutlich werden Sie auch erfahren, welche Pläne eigentlich welche Partei für das Land hat, wie es weiter nach Corona gehen soll mit einem gigantischen Schuldenberg, einer Inflation in Nullzinszeiten und der über allem schwebenden Klimafrage.

Sie werden zumindest eine Vorstellung von dem erhalten, welche Ideenwelt wer vertritt und ob sie diese mit einem oder zwei Kreuzen auf dem Wahlzettel unterstützen wollen: bei Olaf Scholz, Armin Laschet oder Annalena Baerbock.

Die Umfragen sehen die Kandidaten derzeit genau in dieser Reihenfolge. Die Favoritenrolle hat die Union längst eingebüßt. Liegt die Schuld für den Niedergang beim Kandidaten, dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten? Mitnichten. Natürlich hilft es, einen Menschenfänger nach vorn zu stellen, anstelle eines nachdenklichen, freundlichen Herren aus Aachen.

Doch überzeugt der CDU-Chef durchaus, wenn er länger zu Wort kommt und die Menschen ihm zuhören. So jedenfalls war es zuletzt im TV, und so dürfte es auch am Sonntag beim TV-Triell der Kandidaten sein oder in einem der noch folgenden sieben Fernsehauftritte Laschets. Der 60-Jährige erklärt, was ihn bewegt und was er bewegen will, wie sich das Land klimaneutral in einer sich weiter polarisierenden Weltordnung sicher aufstellen sollte.

Keine Frage: Es fehlen zündende Schlüsselwörter und gar mutige Festlegungen, die sich im Bewusstsein verankern oder gar eine breite Debatte auslösen. Ganz zu schweigen von den schlechten Wahlplakaten, mit denen die Union wie schon zu Merkels Zeiten keine klare Kante zeigt. Begriffe wie „Entfesselungspaket“ oder „Modernisierungsjahrzehnt“ führen ebenso wenig zu einer Bewegung pro Laschet.

Die Union befindet sich seit vielen Jahren im Sinkflug

Stattdessen schwappt die Erregungswelle durch die sozialen Netzwerke und sei es nur bei der Frage, ob der Kandidat seine Maske etwas zu spät aufgesetzt hat, als er einen Imbiss betrat. Es gilt der Satz von Fußball-Weltmeister Andreas Brehme mit dem Schuh und dem Kot. Wenn es nicht läuft, dann läuft es halt nicht.

Doch läuft es vor allem in der eigenen Partei nicht. Seit vielen Jahren schon befindet sich die Union im langsamen Sinkflug. Die Union durchlebt die Probleme der SPD, wenn auch zehn Jahre später.

Wie bei den Sozialdemokraten verliert auch die letzte verbliebene Volkspartei ihre Bindungskraft und vor allem die entscheidende Fähigkeit, Meinungen zu bündeln und mit klarer Sprache in einem Programm zu vereinen. Stattdessen beschäftigt sich die Union seit nunmehr vier Jahren mit dem Erbe Angela Merkels, verschleißt Parteivorsitzende und kreist auch dann noch um sich, wenn es darauf ankommt, in der Bevölkerung für Vertrauen zu werben.

Da muss erst die Ikone des Wirtschaftsflügels, Friedrich Merz, Disziplin und Geschlossenheit anmahnen, bis CSU-Chef Markus Söder erklärt, er unterstütze Laschet – nun aber wirklich.

Ähnlich fatal war die Lage in den schlimmsten Zeiten von SPD und Grünen. Beide Parteien haben sich längst für den unbedingten Willen zur Macht entschieden, was zu einem beredten Schweigen hinter den Kandidaten führt. Sollen Scholz und Baerbock erst mal so viele Prozentpunkte auf sich vereinen, dass sie eine Regierung bilden und womöglich ins Kanzleramt einziehen können: Alle weiteren Richtungsfragen klären die Parteien dann nach der Wahl. Und bei CDU und CSU? Diskutieren sie schon vier Wochen vor der Wahl, wer Schuld an der Niederlage trägt, anstatt für den Sieg zu kämpfen.

Wenn die Union das Kanzleramt verlieren sollte, dann muss sich die gesamte Unionsführung diese Niederlage zuschreiben. Dazu gehören die grauen Eminenzen Volker Bouffier und Wolfgang Schäuble wie auch Merkel selbst. Sie hat mit ihrer Politik dazu beigetragen, dass die Risse innerhalb der Union sichtbar wurden, sei es in der Finanz- und Wirtschaftskrise (Wirtschaftskompetenz) oder in der Flüchtlingspolitik (innere Sicherheit).

Merkel hinterlässt ungelöste Probleme

Sie hätte als Parteivorsitzende dafür sorgen müssen, dass die Union programmatisch mit ihren Entscheidungen Schritt halten kann. Die Partei ist gespalten und erbt die vielen ungelösten Probleme, angefangen von Afghanistan bis hin zur Frage, wie die selbst gesteckten Klimaziele eigentlich erreicht werden sollen.

Die Deutschen werden Antworten nach der Wahl erhalten und diese schon sehr bald im Geldbeutel zu spüren bekommen – ganz gleich, wer ins Kanzleramt einziehen wird. Ist es nicht Armin Laschet, dann wird es ein Hauen und Stechen in der Partei geben. So etwas hat der einstige Kanzlerwahlverein noch nicht erlebt.

Mehr: „Keinen Bock auf Opposition“: Söder und Merkel werben für Laschet als Kanzler

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4 Kommentare zu "Kommentar: Laschets Problem ist nicht er selbst – sondern seine Partei"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Wäre Laschet das Alphatier das er für das Amt des Kanzlers sein müßte hätte die Leitstute in längst weggebissen. So ist er nur ein weiterer Schaumschläger in der Reihe. Merkel hat doch bis in die Länderregierungen alle halbwegs fähigen Köpfe rausgedrängt. Was bleibt sind Leute wie Würfel-Armin, Hans aus dem Saarland (ohne Ausbildung und Abschluß) und all die anderen " Könner" , die jede Firma mittlerweile zu Grunde gerichtet hätten.

  • Selbstverständlich ist Herr Lachet das Problem. Er mag ja über politische Erfahrung verfügen, aber seine markentechnische Vermarktungsqualität tendiert gen Null: kein eigenständiges Profil, keine vorbildlichen Führungsmerkmale, kein eigenes, neues (!) ihn und seine Partei von seiner Vorgängerin und dem Wettbewerbsumfeld differenzierendes Programm. Ein unverkäufliches Me-Too-Produkt.

    Die Strategie, ihn deswegen klein zu halten und das angeblich "starke Team" um ihn herum herauszustellen, ist lächerlich. Ich habe noch nie von einem schwachen CEO gehört, der von einem kompetenten Vorstand dauerhaft gestützt wird. Entweder er überzeugt durch seine Führungsqualitäten, oder er wird abgeschossen. Und Laschet wird gerade abgeschossen, weil es bessere Leute in seinem Umfeld gibt und weil er eine Flasche ist. Das kommt davon, wenn alte Männer (Schäuble, Bouffier) zu lange mitmischen wollen, anstatt sich zurückzuhalten und eine neue Generation machen zu lassen. Jetzt schlafwandelt die CDU in den Abgrund., und die (Wieder-)Gewinnung des öffentlichen Vertrauens ist in weite Ferne gerückt.

  • @Herr Paul Kölner
    gerne widerspreche ich Ihnen:
    Laschet steht für ein Merkel/Leyen/Spahn "weiter so" - das gefällt nicht allen
    Herr Söder steht für eine Art "Neuanfang" - irgendwas "Neues" nach den ewigen Merkel Jahren.
    Herr Söder macht einen guten Job in Bayern, und auch Herr Hubert Aiwanger und die gesamte Administration hinter beiden. Es läuft eben seit Franz-Josef Strauß in Bayern recht ordentlich.
    Dass Herr Söder gelegentlich klare Worte findet ist gut, man muss und sollte nicht immer seiner Meinung sein. Eine gewisse Streitkultur zum Finden besserer Alternativen als immer nur Probleme mit Geld zuzukleistern ist dringend nötig (EZB Negativzinsen, Corona-Hilfen, CO2 Abgabe).
    Da die CDU die Streitkultur verloren hat- ein ständiges Kritisieren am Kritiker und nicht an der Sache halte ich für nicht zielführend - erscheint mir die FDP am wählbarsten. Dort konzentriert man sich auf sachliche Kritik. Gut so.

    Und: Herr Söder ist nicht beleidigt - dazu ist er zu sehr Profi. Stolz/Politiker? Alle Politiker sind in gewisser Weise Narzissten und damit wohl auch etwas stolz - den man aber wohl nicht wirklich kränken kann - nicht bei den Profis.
    Und: Herr Söder fühlt sich in Bayern wohl, er wird geschätzt. Sein Angebot an Berlin mit all den "kritischen" Gegnern wäre auch für ihn eine Herkules Aufgabe, das ist ihm bewusst. Dass er trotzdem Berlin und der CDU das Angebot machte, zeigt Größe, Mut und Fleiß.

  • Ein beleidigter Markus Söder tut alles in seiner Machtstehende dafür Armin Laschet schlecht darstehen zu lassen. Gekränkter Stolz, weil das CDU-Präsidium nicht auf ihn reingefallen ist. Säbelrasseln, markige Worte und "hartes" Auftreten kommt bei manchen im Volk an - die gleichen Methoden Donald Trumps; es kommt aber auf Leistungen und Erfolg an. Und hier kann der Möchtegern-König von Bayern nur wenig vorweisen. Trotz deutlich strengeren Maßnahmen, härterem Lockdown und Kriegsrhetorik hat Armin Laschet sein Bundesland erfolgreicher durch Corona geführt, als Markus Söder, obwohl NRW durch die extrem dichte Besiedlung (ca. 30% mehr Bevölkerung, 50% weniger Fläche) und die 10 Mio Einwohner große Megacity Rhein-Ruhr die schlechteren Karte für Verbreitung und Verlauf einer Pandemie hätte als Bayern. Einfach mal die Zahlen, Daten und Fakten vergleichen.
    Ich wohne in beiden Bundesländern, vergleiche daher beide seit Anfang an, kenne die Situation also nicht nur aus der Zeitung. Die angeblichen Beliebtheitswerte Söders sind nicht zu erklären werden von den Granden der CSU immer wieder prädigend eingeflößt, bis man es selber glaubt. Dabei ist die Bevölkerung Bayerns mitnichten zufrieden mit ihrer CSU-Landesregierung. Um davon abzulenken hat Söder einen Sündenbock namens Laschet gefunden.

    Natürlich hat Laschet auch Schwächen und muss in das Amt des Kanzlers hinein wachsen, aber durch seine liberale, ruhige, besonnene Politik und sein einigendes Auftreten und Handeln innerhalb der Union beweist er, dass er die charakterliche Eignung dazu hat; Söder nicht.

    Und dass man nicht zu sehr auf Umfragewerte vertrauen sollte haben wir doch vor erst im Juni in Sachsen-Anhalt gesehen: in allen Umfragen lagen CDU und AfD Kopf an Kopf - am Ende hatte die CDU (37%) fast doppelt so viel Stimmen (20%). Mehr muss dazu nicht sagen; genauso wenig, wie zu den anderen Kandidat*innen.
    Wegen Laschet wähle ich das erste Mal überhaupt CDU. Söder sollte endlich anfangen zu einigen, statt zu stänkern.

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